Arbeitslosigkeit und schwache Wirtschaft: Kanzler-Versprechen wackelt
Deutschlands Wirtschaft tritt auf der Stelle. Damit gerät ein Versprechen des Kanzlers in Gefahr – und zugleich seine Chancen, am Ende doch noch wieder gewählt zu werden.
Blauer Himmel, Sonnenschein, es ist weder zu warm noch zu kühl, endlich erlebt die Hauptstadt das, was viele wohl die perfekten Sommertage nennen. Doch etwas trübt den paradiesischen Anschein. Um leicht abgedroschen im Bild zu bleiben: Am Horizont ziehen dunkle Wolken auf, ein Sturm braut sich zusammen.
Deutliche Zeichen für wirtschaftliche Probleme
Deutlich wird das anhand von drei Zahlen, die alle in den vergangenen 24 Stunden bekannt wurden und beschreiben, wie schlecht es weiterhin um die deutsche Wirtschaft steht: Die Konjunktur ist im zweiten Quartal wider Erwarten um 0,1 Prozent geschrumpft; die Inflation lag mit 2,3 Prozent im Juli leicht oberhalb der Rate vom Juni; und die Arbeitslosenquote ist erstmals seit dem Corona-Sommer 2020 in einem Juli wieder auf 6 Prozent gestiegen.
Die Hoffnungen auf eine baldige Erholung der Wirtschaft sind damit fürs Erste perdu. Zugleich gerät ein Versprechen des Kanzlers in Gefahr. Und damit seine letzte Chance auf eine mögliche Wiederwahl im Herbst 2025.
Scholz sprach von Wirtschaftswunder-Wachstum
Noch im September 2023 nämlich hatte Olaf Scholz (SPD) in einem Zeitungsinterview gesagt: Deutschland werde ob der Investitionen in den Klimaschutz Wachstumsraten wie zu Zeiten des Wirtschaftswunders erleben, "wie zuletzt in den 1950er- und 1960er-Jahren", so Scholz. Damals wuchs die deutsche Wirtschaft jährlich um rund 8 Prozent, fast niemand war ohne Job, es herrschte Vollbeschäftigung.
Spätestens jetzt dürfte klar sein: Allzu bald tritt diese Prognose wohl kaum ein. Das zuletzt noch erwartete Mini-Plus von 0,3 Prozent für das laufende Jahr 2024 wackelt, ein zweites Rezessionsjahr in Folge ist nicht länger ausgeschlossen. Zudem dürfte die verfestigte Inflation die Europäische Zentralbank von weiteren Zinssenkungen abhalten, die wiederum ein wichtiger Impuls wären für die Unternehmen – nicht zuletzt mit Blick auf mögliche Neueinstellungen und den Arbeitsmarkt.
Stagnation und Stillstand
Während auch in Europa fast alle großen Industrienationen längst das Vor-Corona-Niveau ihrer Wirtschaftskraft erreicht haben, ein klarer Aufwärtstrend zu sehen ist, pendelt das reale Wachstum in Deutschland seit bald vier Jahren um den Nullpunkt. Stagnation. Stillstand.
An dieser Entwicklung, die in Wahrheit gar keine ist, sind freilich nicht die Ampel und der Kanzler allein schuld. Es waren Scholz' Vorgänger, die uns zunächst vom russischen Gas abhängig machten (Gerhard Schröder) und die es dann nicht vermochten, Deutschland aus dieser Abhängigkeit wieder zu befreien (Angela Merkel).
Und doch wird der Stillstand Scholz am Ende auf die Füße fallen, selbst dann, wenn sich im nächsten Jahr nur wenige an seine Sätze vom Herbst 2023 erinnern. Denn: Der Kanzler spekuliert darauf, dass die Wirtschaft im nächsten Jahr schon wieder halbwegs brummen wird. Und wenn das so ist, so die sozialdemokratische Erzählung, dann werden viele gnädiger auf seine ersten vier Jahre Kanzlerschaft blicken, und die SPD wird sich – ähnlich wie im Wahlkampf 2021 – wieder nach ganz vorne kämpfen.
Fragliche Zukunftsaussichten
Mit der sich jetzt abzeichnenden Wirtschaftsflaute aber wirkt dieses Szenario noch fraglicher als ohnehin schon. Noch mag sich die wirtschaftliche Lage nicht bei jedem im Alltag bemerkbar machen, kommendes Jahr aber könnte sich das ändern.
Wenn die Unternehmen angesichts der wirtschaftlichen Lage keine höheren Löhne zahlen können, zugleich die Preise aber weiter steigen und die Deutschen dann beim teuren Auslandsurlaub auch noch feststellen, dass es anderswo besser läuft, kann schnell etwas ins Rutschen geraten. Die ohnehin schon maue Stimmung dürfte sich dann abermals verschlechtern und die politischen Ränder noch einmal größeren Zulauf bekommen. Dann wäre der Sturm da. Für Scholz, die SPD, aber auch für Deutschland insgesamt.
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