Deutschland auf dem Weg zum Versorgungsstaat? Industrie schrumpft, Verwaltung wächst
Die jüngsten Krisen haben zu einem dramatischen Wandel in der Beschäftigungsstruktur geführt. Vor allem die Industrie hat Arbeitsplätze reduziert. Erste Ökonomen warnen vor den Folgen dieser Entwicklung. Besonders bedenklich ist die Tatsache, dass immer mehr Beschäftigte für den Staat und dessen Firmen arbeiten.
Arbeitsmarkt im Wandel
Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wuchs zwischen Dezember 2019 und April 2023 saisonbereinigt um gut 100.000 Personen oder drei Prozent, doppelt so stark wie die Einwohnerzahl. Allerdings zeigt eine Handelsblatt-Analyse der Beschäftigungsentwicklung nach Sektoren, dass die Industrie im genannten Zeitraum 180.000 oder 2,6 Prozent sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze abgebaut hat.
Im Gegensatz dazu haben die staatliche Verwaltung und die staatsnahen Bereiche Gesundheit, Erziehung und sonstiges Sozialwesen deutlich aufgestockt. Insgesamt haben die Arbeitgeber in diesen Bereichen 450.000 zusätzliche Arbeitskräfte auf sich gezogen. Die Verwaltung allein beschäftigte rund neun Prozent mehr Menschen als noch 2019.
Ökonomen warnen vor Folgen
Einige Ökonomen äußern sich besorgt über den Aufbau rund um den Staat und den Abbau in der Industrie. „Es wäre sehr bedenklich, wenn der Staat durch Personalaufbau die Arbeitskräfteknappheit für die Privatwirtschaft noch verstärken würde“, kommentiert Martin Gornig, Forschungsdirektor für Industriepolitik beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung.
Auch Unternehmensvertreter äußern Kritik. „Wir machen keine Fortschritte beim Bürokratieabbau. Wir machen keine Fortschritte beim Thema Genehmigungsbeschleunigungen“, klagte Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie.
Industrie im Abwärtstrend
Der Beschäftigungsabbau in der Industrie stellt einen Trendbruch dar. Bis 2019 hatte die Industriebeschäftigung jahrelang zugenommen, seither sinkt sie. Die größten Verliererbranchen sind der Kraftfahrzeugbau, die Metallerzeugung und -verarbeitung sowie der Maschinenbau.
Der Präsident des Münchener Ifo-Instituts, Clemens Fuest, warnte jüngst vor einem wirtschaftlichen Abstieg Deutschlands. Unternehmen wanderten ab, was zu „einer Art Deindustrialisierung“ führen könne.
Fazit
Die Entwicklungen auf dem deutschen Arbeitsmarkt deuten auf eine Verschiebung hin: weg von der Industrie, hin zur Verwaltung. Dies könnte langfristig die Wirtschaftskraft Deutschlands schwächen und den Staat in eine größere Abhängigkeit von der Privatwirtschaft bringen. Es bleibt abzuwarten, ob die Politik geeignete Maßnahmen ergreift, um diesen Trend zu stoppen und die Industrie zu stärken.
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