Die Bertelsmann Stiftung und ihr umstrittener «Bürgerrat» gegen Fake News
Die Bertelsmann Stiftung hat einen neuen Vorstoß unternommen, um Desinformationen im Netz zu bekämpfen. Ein sogenannter «Bürgerrat» hat Vorschläge erarbeitet, die nun in eine Strategie der Bundesregierung einfließen sollen. Doch die Ergebnisse und die Methodik stoßen auf heftige Kritik.
Ein fragwürdiges Gremium
Der von der Bertelsmann Stiftung initiierte «Bürgerrat» besteht aus 140 Teilnehmern, die angeblich die Vielfalt der deutschen Bevölkerung abbilden sollen. Diese Teilnehmer wurden aus einem Online-Verfahren ausgewählt, bei dem sich laut Stiftung 420.000 Personen beteiligten. Aus 3.300 Vorschlägen wurden in mehreren Runden 28 Handlungsempfehlungen herausgefiltert.
Kritik an der Zusammensetzung und den Zielen
Viele Kritiker, darunter auch die Autorin Susanne Gaschke, sehen in diesem Gremium eine pseudo-repräsentative Einrichtung, die eher einer teuren Beschäftigungstherapie gleicht. Die Grünen begrüßen diese Initiative aus basisdemokratischen Gründen, doch das Bundesinnenministerium, das mit der Bertelsmann Stiftung kooperiert, zeigt sich skeptisch.
Gefahr der Zensur
Besonders umstritten sind die inhaltlichen Vorschläge des Bürgerrates. Diese laufen in vielen Fällen auf eine Zensur hinaus, obwohl Artikel fünf des Grundgesetzes eine solche ausdrücklich ausschließt. Ein Beispiel ist die Idee eines «freiwilligen, transparent gestalteten Gütesiegels» für Medien, das jährlich vergeben werden soll. Hier stellt sich die Frage, wer die Kriterien für dieses Gütesiegel festlegt und welche Instanz die Vergabe überwacht.
Technische Naivität und politische Risiken
Die Hoffnung der Bertelsmann Stiftung auf eine «barrierefreie, unparteiische und nutzerfreundliche künstliche Intelligenz», die Desinformation erkennen und kennzeichnen soll, wird als technisch naiv und politisch gefährlich eingestuft. Eine zentrale Stelle, die Bürger und Journalisten zur Fake-News-Freiheit «berät» und strafrechtliche Sanktionen ersinnt, erinnert an dystopische Szenarien aus George Orwells «1984».
Demokratie und Freiheit
Für den Medienkonzern Bertelsmann mag es erfreulich sein, dass der Bürgerrat verpflichtende Unterrichtsmodule zum Thema «Medienkompetenz» für Schulen und Hochschulen fordert. Doch wichtiger wäre es, Schülern und Studenten etwas über Freiheit, Pluralismus und die Funktionsweise einer Demokratie beizubringen. Auch die Förderung der demokratischen Selbsterfahrung in der Schülermitverwaltung und der Schülerpresse wäre von größerem Nutzen.
Ein Plädoyer für die Freiheit
Was weder die Ideologen der Bertelsmann Stiftung noch der Bürgerrat zu begreifen scheinen, ist, dass Demokratie die Ordnung der Freiheit ist – und nicht die Ordnung der betreuten, gelenkten und ausdrücklich erlaubten politischen Debatte. Die aktuellen Maßnahmen könnten die Meinungsfreiheit in Deutschland erheblich einschränken und die demokratische Kultur nachhaltig schädigen.
Es bleibt abzuwarten, wie die Bundesregierung auf die Vorschläge des Bürgerrates reagieren wird. Klar ist jedoch, dass die Diskussion über den Umgang mit Fake News und Desinformation noch lange nicht beendet ist.
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