Insolvenzwelle in Deutschland: Höchste Pleitenrate seit einem Jahrzehnt
Die deutsche Wirtschaft erlebt derzeit eine der schwersten Insolvenzwellen der letzten zehn Jahre. Im ersten Halbjahr 2024 verzeichneten große Unternehmen in Deutschland einen deutlichen Anstieg der Insolvenzen, insbesondere in der Immobilien- und Automobilzuliefererbranche. Diese Entwicklung stellt die ohnehin schon angeschlagene deutsche Wirtschaft vor neue Herausforderungen.
Deutlicher Anstieg der Insolvenzen
Das „Handelsblatt“ berichtete Anfang Juli, dass im ersten Halbjahr dieses Jahres über 40 Prozent mehr Insolvenzen bei Großunternehmen gemeldet wurden als im Vorjahr. Diese Zahlen übertrafen die ohnehin schon pessimistischen Erwartungen der Experten, die einen Anstieg von 30 Prozent prognostiziert hatten. Besonders betroffen sind die Immobilienbranche, die einen Anstieg von 233 Prozent verzeichnete, und die Automobilzulieferer, bei denen die Insolvenzen um 66,7 Prozent zunahmen.
Herausforderungen bei der Unternehmensrettung
Eine Analyse der Unternehmensberatung Falkensteg ergab, dass die Erfolgsquote bei Sanierungsversuchen ebenfalls sank. Von 96 Verfahrenslösungen endeten 40 mit einer Betriebsschließung oder Masseunzulänglichkeit, was einem Anstieg von 43 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Dies zeigt, dass die Rettung von Unternehmen aus der Insolvenz zunehmend komplexer wird.
Bundesregierung sieht keinen Grund zur Panik
Die Bundesregierung versuchte im Juli, die Situation zu beruhigen. Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums erklärte, dass man die Zahlen sehr ernst nehme, aber im langfristigen Vergleich noch keine Alarmzeichen sehe. Es gebe zwar eine verstärkte Dynamik, aber keine breite Insolvenzwelle. Dennoch seien vorwiegend große und mittlere Unternehmen betroffen.
Expertenmeinungen zur aktuellen Lage
Wirtschaftsanwalt Professor Georg Streit von der Kanzlei Heuking sieht den Anstieg der Insolvenzen als eine Normalisierung des Insolvenzgeschehens. Er weist darauf hin, dass die Insolvenzzahlen im Jahr 2021 den niedrigsten Stand seit Einführung der Insolvenzordnung im Jahr 1999 erreichten. Die aktuellen Zahlen seien eine Rückkehr zu den Niveaus vor der Corona-Pandemie und der Energiekrise.
Steigende Arbeitslosigkeit und schwierige Bedingungen
Die Bundesagentur für Arbeit meldete im Juli 2,81 Millionen Arbeitslose, 82.000 mehr als im Juni. Die Arbeitslosenquote stieg auf 6,0 Prozent. Auch die Nachfrage nach Arbeitskräften nahm ab, was die schwierige wirtschaftliche Lage weiter verschärft.
Prognosen für die Zukunft
Die Bonitätsauskunft Crif erhöhte im Juni ihre Prognose für die Anzahl der Firmeninsolvenzen auf 20.500 für dieses Jahr. Frank Schlein, Deutschland-Geschäftsführer von Crif, kommentierte, dass es zunehmend schwer falle, von einer nicht vorhandenen Insolvenzwelle zu sprechen. Die hohen Energiepreise und die schwache konjunkturelle Entwicklung in Deutschland tragen zu dieser düsteren Prognose bei.
Regionale Unterschiede bei den Insolvenzen
Berlin verzeichnete im ersten Quartal 2024 mit 28 Insolvenzen pro 10.000 Unternehmen die höchste Insolvenzdichte. Der bundesweite Durchschnitt lag bei 17 Insolvenzen je 10.000 Firmen. Besonders stark stiegen die Insolvenzen in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen und Rheinland-Pfalz an.
Die aktuelle Insolvenzwelle zeigt deutlich, dass die deutsche Wirtschaft vor großen Herausforderungen steht. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation in den kommenden Monaten entwickeln wird und welche Maßnahmen ergriffen werden, um die wirtschaftlichen Auswirkungen zu mildern.
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