Julian Assange: Hat Baerbock seine Verteidigung hintertrieben? Exklusive Dokumente geben Aufschluss
Der Fall Julian Assange hat weltweit für Aufsehen gesorgt. Gut 14 Jahre lang war der Wikileaks-Gründer seiner Freiheit beraubt, weil er amerikanische Kriegsverbrechen aufgedeckt hatte. Seiner Freilassung im Juni dieses Jahres waren ein jahrelanges juristisches Tauziehen und zähe politische Verhandlungen vorausgegangen.
Baerbocks fragwürdige Rolle im Fall Assange
Dokumente, die der Berliner Zeitung exklusiv vorliegen, zeigen nun, dass Bundesaußenministerin Annalena Baerbock im Fall Assange alles andere als eine gute Rolle gespielt hat. Sie erwecken vielmehr den Anschein, dass die Freilassung Assanges hintertrieben wurde. Als Kanzlerkandidatin hatte Baerbock noch die „sofortige Freilassung“ Assanges gefordert. Dann wurde die Grünen-Politikerin Außenministerin und äußerte sich nur noch zögerlich zu dem Fall.
Vermeidung der Bezeichnung "Journalist"
Das Auswärtige Amt habe laut internen Mails bewusst vermieden, Assange als Journalisten zu bezeichnen, obwohl dies seine Chancen auf Freilassung erheblich erhöht hätte. In einer internen Mail vom 28. Juni 2022 wurde festgestellt, dass es für Assange im Falle eines Prozesses vor einem amerikanischen Gericht von Vorteil wäre, als Journalist anerkannt zu werden. Tatsächlich war dies ein viel diskutierter und entscheidender Punkt im Fall Assange.
Aus einer E-Mail vom 3. Mai 2023 geht jedoch hervor, dass das Auswärtige Amt die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg, drängte, genau dies nicht zu tun. Konkret diskutierten die Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes, wie sich die Menschenrechtsbeauftragte zum Tag der Pressefreiheit äußern soll. In der besagten Nachricht ist von einem „konstruktiven Austausch“ die Rede, der zu einem „Wording“ geführt habe, das „vermeidet, Assange als Journalisten zu bezeichnen“.
De Masi erhebt schwere Vorwürfe
Der Europaabgeordnete Fabio De Masi vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) gab sich damit nicht zufrieden und beantragte im August 2023 auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) „jedwede interne Kommunikation innerhalb des Auswärtigen Amtes, die sich auf die Auslieferung von Julian Assange und/oder die Positionierung des Auswärtigen Amtes bzw. der Außenministerin Annalena Baerbock zur Auslieferung von Julian Assange bezieht“. Erst nach mehreren Monaten und einer Untätigkeitsklage wurden ihm diese Dokumente zugestellt, die nun der Berliner Zeitung vorliegen.
„Die Grünen sind Weltmeister in Doppelmoral!“, sagte De Masi der Berliner Zeitung. „Vor der Wahl habe Baerbock die Freilassung von Assange gefordert, hinter den Kulissen habe das Auswärtige Amt aber versucht, seine Rechtsposition zu schwächen oder zumindest nicht zu verbessern.“
Reaktionen und Kritik
Das Auswärtige Amt äußerte sich auf Anfrage der Berliner Zeitung nicht direkt zu den Vorwürfen. Eine Sprecherin teilte lediglich mit, dass die Haltung der Bundesregierung zum Fall Julian Assange klar sei. „Sowohl gegenüber unseren Partnern in den USA und im Vereinigten Königreich als auch öffentlich haben wir mehrfach deutlich gemacht, dass der Fall grundsätzliche Fragen der Meinungs- und Pressefreiheit aufwirft und es hierbei Diskrepanzen zwischen unserem Rechtsverständnis und dem Rechtsverständnis in den USA gibt.“
Die Enthüllungen werfen ein Schlaglicht auf die vermeintlich moralische Außenpolitik der Grünen und insbesondere von Annalena Baerbock. Während die Grünen im Wahlkampf noch hohe moralische Ansprüche formulierten, zeigt sich in der Praxis eine deutliche Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Die Frage bleibt, inwieweit politisches Kalkül und internationale Beziehungen die tatsächliche Haltung der Bundesregierung beeinflussen.
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