Mehr Kraftwerke, weniger Strom: Das Paradoxon der Energiewende
Die deutsche Energiewende steht vor einem Dilemma: Trotz erheblichem Ausbau der Kraftwerkskapazitäten sinkt die Stromerzeugung kontinuierlich und muss durch steigende Importe ausgeglichen werden. Diese paradoxe Situation wirft Fragen zur Effizienz und Nachhaltigkeit der aktuellen Energiepolitik auf.
Ein Blick auf die Zahlen
Seit Beginn der Energiewende wurde der Anteil der erneuerbaren Energien in der installierten Leistung massiv erhöht. Photovoltaik und Windkraft dominieren heute den Kraftwerkspark. Doch trotz dieser beeindruckenden Zahlen liefert die installierte Leistung nicht die erwartete Strommenge. Während der Anteil der erneuerbaren Energien an der Nettostromerzeugung im Jahr 2023 rund 60 Prozent betrug, bleibt die tatsächliche Energieproduktion hinter den Erwartungen zurück.
Die Herausforderungen der Erneuerbaren
Erneuerbare Energien wie Wind und Sonne sind fluktuierende Energiequellen. Ihre Verfügbarkeit ist stark von tages- und jahreszeitlichen Schwankungen abhängig. Photovoltaikanlagen erreichen beispielsweise nur rund 900 Volllaststunden pro Jahr, was etwa einem Zehntel der gesamten Jahresstunden entspricht. Windkraftanlagen an Land erzielen im Durchschnitt knapp unter 1.800 Volllaststunden, Offshore-Anlagen etwa 3.300 Stunden. Diese Zahlen verdeutlichen, dass die installierte Leistung nur einen Bruchteil der Zeit tatsächlich genutzt werden kann.
Die Schattenseiten der Energiewende
Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, müssen sogenannte Schattenkraftwerke, meist Gaskraftwerke, parallel zu den erneuerbaren Anlagen betrieben werden. Diese sollen zukünftig auf Wasserstoffbetrieb umgerüstet werden. Doch auch hier gibt es erhebliche Herausforderungen: Für den Betrieb eines 800-Megawatt-Gaskraftwerks wären rund 3.000 Windräder mit je drei Megawatt Leistung erforderlich. Diese enorme Anzahl zeigt die Grenzen der aktuellen Planungen auf.
Steigende Rohstoffbedarfe
Ein weiterer kritischer Punkt ist der Rohstoffbedarf der für die Energiewende benötigten Technologien. Photovoltaikanlagen und Windkraftwerke benötigen ein Vielfaches an Rohstoffen im Vergleich zu konventionellen Kraftwerken. Dies gilt insbesondere für tragende Elemente wie Aluminium und Stahl sowie Fundamente aus Beton. Der Bau zusätzlicher Gaskraftwerke zur Sicherstellung der Stromversorgung erhöht den Rohstoffbedarf weiter.
Versorgungssicherheit und Zukunftsperspektiven
Die Prognosen der Bundesnetzagentur gehen davon aus, dass sich der Nettostrombedarf bis 2050 mehr als verdoppeln wird. Dies erfordert einen massiven Ausbau der Erneuerbaren Energien. Doch die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass die Versorgungssicherheit schlechter ist als vor 20 Jahren. Deutschland importierte 2023 rund 7,3 Terawattstunden mehr Strom als es exportierte, ein Niveau, das zuletzt 2002 erreicht wurde.
Klimaschutz auf Kosten der Umwelt?
Die Energiewende verfolgt ehrgeizige Klimaziele, doch der bisherige Ausbau der Erneuerbaren hat nicht zu einem signifikanten Rückgang der CO₂-Emissionen geführt. Deutschland stößt im europäischen Vergleich durchschnittlich 400 Gramm CO₂ pro Kilowattstunde aus und liegt damit nur im Mittelfeld. Der Weiterbetrieb der Kernkraftwerke hätte hier eine zentrale Rolle spielen können, wie das Beispiel Frankreich zeigt, das weit unter 100 Gramm CO₂ pro Kilowattstunde liegt.
Fazit: Ein neuer Planungsansatz ist nötig
Die aktuellen Entwicklungen machen deutlich, dass ein neuer Planungsansatz erforderlich ist. Dieser muss systemische und systematische Randbedingungen berücksichtigen und nicht nur einzelne Komponenten isoliert betrachten. Regionale Insel- oder Selbstversorger-Lösungen könnten hier eine vielversprechende Alternative darstellen.
Die Energiewende steht und fällt mit der richtigen Balance zwischen erneuerbaren und konventionellen Energien. Ohne eine durchdachte Planung und Berücksichtigung aller Faktoren wird die angestrebte Versorgungssicherheit schwer zu erreichen sein.
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