Polizeieinsatz bei Lesung von Martin Sellner in Neu-Ulm
Am Freitagabend kam es in Neu-Ulm zu einem bemerkenswerten Vorfall: Die Polizei stürmte eine Lesung des rechten Autors Martin Sellner, konnte jedoch dessen Festnahme nicht realisieren, da dieser unbemerkt entkam. Der Vorfall wirft ein Schlaglicht auf die zunehmenden Spannungen zwischen konservativen Akteuren und staatlichen Behörden.
Flucht mit Covid-Maske
Die Lesung, die sich thematisch mit dem kontroversen Thema der Remigration beschäftigte, wurde bereits im Vorfeld von der Stadt Ulm kritisch beäugt. Ulms Oberbürgermeister Martin Ansbacher hatte im Vorfeld ein Aufenthaltsverbot für Sellner in der Stadt angekündigt. Sellner, der als ehemaliger Sprecher der Identitären Bewegung bekannt ist, hatte seine Lesung jedoch in das benachbarte Neu-Ulm verlegt.
Als die Polizei den Veranstaltungsort betrat, war Sellner bereits untergetaucht. In einem späteren Beitrag auf der Plattform X erklärte Sellner, dass ihm eine Covid-Maske bei der Flucht geholfen habe. Er soll den Polizeieinsatz von einem versteckten Ort aus beobachtet und die Lesung nach dem Abzug der Beamten fortgesetzt haben.
Reaktionen und Konsequenzen
Der Polizeieinsatz führte zur Räumung des Veranstaltungsortes, wobei etwa 40 Gäste das Gebäude verlassen mussten. Zwei Personen erhielten Platzverweise. Die Polizei begründete die Auflösung der Veranstaltung mit dem Fehlen einer Schankgenehmigung und mangelnden Fluchtwegen.
Sellner kritisierte das Vorgehen der Polizei scharf und sprach von "massiver, ungerechtfertigter Repression" gegen die Meinungsfreiheit. Er forderte die Rückgabe seiner beschlagnahmten Erlöse aus dem Buchverkauf und bezeichnete die Aktion als Diebstahl.
Politische und gesellschaftliche Spannungen
Neu-Ulms Oberbürgermeisterin Katrin Albsteiger hingegen lobte das Vorgehen der Polizei. Sie betonte, dass die Beamten "konsequent, professionell und mit dem richtigen Gespür" gehandelt hätten. Die Veranstaltung wurde zudem von bis zu 80 Gegendemonstranten begleitet, die mit Antifa-Transparenten und Regenbogenflaggen gegen Sellner und seine Ansichten protestierten.
Auch in Ulm versammelten sich etwa 100 Demonstranten, um gegen Rechts zu protestieren. Die Demonstrationen zeigten Transparente mit Aufschriften wie "Keine Bühne den Rechten" und "Refugees Welcome".
Weitere Pläne und internationale Dimensionen
Sellner kündigte an, seine Lesereise in der Schweiz fortzusetzen, obwohl das Bundesamt für Polizei (Fedpol) ein Einreiseverbot für den Zeitraum vom 10. bis 27. Oktober ausgesprochen hatte. Bereits im März war es zu einer ähnlichen Situation gekommen, als Sellner trotz eines Einreiseverbots medienwirksam mit einem Schlauchboot über den Bodensee in die Schweiz gelangte.
Dieser Vorfall zeigt einmal mehr die tiefen gesellschaftlichen und politischen Gräben, die sich in Deutschland auftun. Während konservative Stimmen wie Sellner immer wieder auf staatliche Repression stoßen, feiern linke und progressive Kräfte solche Einsätze als Erfolg im Kampf gegen Rechts.
Die Frage bleibt, wie lange die deutsche Gesellschaft diese Spaltung noch ertragen kann und welche Konsequenzen dies für die Meinungsfreiheit und die politische Kultur im Land haben wird.
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