Richtungsstreit im BSW: Wagenknecht auf hartem Asylkurs – Kritiker wittern Populismus
Im Umfeld des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) regt sich deutliche Kritik an den Aussagen der Parteigründerin Sahra Wagenknecht zur Asylpolitik. Die Gewerkschaftliche Linke fordert im Vorfeld der geplanten Großdemonstration am 3. Oktober eine Kurskorrektur. Innerhalb des BSW gibt es Unstimmigkeiten über die Ausrichtung der Asylpolitik.
Wagenknechts restriktiver Kurs
Bereits wenige Tage nach der Bluttat von Solingen hatte die BSW-Gruppe im Bundestag eine „Zeitenwende in der Flüchtlingspolitik“ gefordert. Dieses Ansinnen beinhaltete unter anderem einen „Sechs-Punkte-Plan für eine Migrationswende nach dänischem Vorbild“. Dänemark hatte eine Politik betrieben, die das Land für Asylsuchende gezielt unattraktiv machen sollte. Die Zahl der Asylanträge dort bewegt sich mittlerweile jährlich im niedrigen vierstelligen Bereich.
Der Sechs-Punkte-Plan des BSW soll einen ähnlichen Effekt in Deutschland bewirken. So fordert das BSW ein Ende der Geldzahlungen an abgelehnte Asylbewerber und die konsequente Durchsetzung angeordneter Abschiebungen. Auch begangene Straftaten und Urlaub in den Herkunftsländern sollen zur „Verwirkung des Gastrechts“ führen.
Forderung nach Asylverfahren außerhalb der EU
Darüber hinaus fordert das BSW, Asylverfahren außerhalb der EU durchzuführen und keine Entwicklungsgelder mehr an Länder zu bezahlen, die ihre Bürger nicht zurücknehmen. Um die Bereitschaft zur Rückkehr zu verstärken, sollten beispielsweise Sanktionen gegen Herkunftsländer wie Syrien aufgehoben werden. Weitere Forderungen des Sechs-Punkte-Plans waren der Rücktritt von Bundesinnenministerin Nancy Faeser und ein „Stoppsignal an die Welt“.
Kritik aus den eigenen Reihen
Für das Hamburger BSW-Mitglied Dejan Lazić, einen Fachjuristen für Migrationsrecht, stellt diese Forderung das Gegenteil von „Vernunft und Gerechtigkeit“ dar. Die Aussagen seien „reiner Populismus“ und würden faktisch sowohl das individuelle Asylrecht als auch die Genfer Flüchtlingskonvention beenden. Lazić sieht dies als ein zu weitgehendes Zugeständnis an konservative Unterstützer und Interessenten des BSW.
Die aus der Linken hervorgegangene Partei will eigenen Angaben zufolge eine „seriöse Alternative“ zur in mehreren Bundesländern als gesichert rechtsextremistisch eingestuften AfD bieten. Der Hamburger Jurist ist davon überzeugt, dass auch in Sachsen und Thüringen eine Mehrheit der BSW-Mitglieder weder eine zu restriktive Migrationspolitik noch Koalitionen mit der CDU will. BSW-Anhänger, die seine Kritik teilen, sehen den Schwerpunkt der Migrationspolitik stattdessen in der Ursachenbekämpfung vor Ort.
Spaltung innerhalb der BSW
Mit seiner Kritik ist Lazić, wie „Pioneer“ weiter berichtet, in der Partei nicht allein. Die Plattform verweist auf einen offenen Brief an die Mitglieder des BSW, der vom „Unterstützerverein des BSW“ kommen soll. Unterschrieben wurde er vorwiegend von Personen, die sich als aktive oder ehemalige Mitglieder der Linkspartei zu erkennen geben. Der Brief fordert eine eindeutig antirassistische und internationalistische Position.
Die Vereinigung „Sol“ hatte bereits anlässlich der Erklärung des BSW zur „Zeitenwende in der Flüchtlingspolitik“ einen ähnlichen Appell verfasst. Die Verschärfung der Asylgesetze mitzutragen, werde keine Anschläge verhindern, hieß es damals. Allerdings würde ein politischer Rechtsruck Diskriminierung und Übergriffe gegen Muslime fördern und diese damit in die Arme von Dschihadisten treiben.
Wagenknecht-Bündnis als „Kaderpartei“ kritisiert
Kritik gibt es im BSW zunehmend auch an den Entscheidungsprozessen. Die Mitgliederaufnahme verläuft schleppend, Mitglieder klagen darüber, kaum an der Entscheidungsfindung beteiligt zu sein. Der ehemalige Vizepräsident der Handelskammer und persönliche Referent des Hamburger Bürgermeisters Klaus von Dohnanyi, Torsten Teichert, hat die Partei nach kurzer Zeit wieder verlassen. Er spricht von einer „Kaderpartei“, die „extrem undemokratisch“ aufgebaut sei.
Im BSW rechtfertigt man das vorsichtige Vorgehen bei Aufbau und Verbreiterung der Partei mit dem Beispiel der AfD. Diese sei durch zu schnelles Wachsen und zu wenig Sorgfalt bei der Auswahl der Mitglieder in ihrem politischen Charakter tiefgreifend verändert worden.