Rücktritt von Ricarda Lang: Grünen-Parteispitze im Umbruch
Der Bundesvorstand der Grünen hat geschlossen seinen Rücktritt angekündigt. Ricarda Lang, die politische Senkrechtstarterin ihrer Partei, muss einen herben Rückschlag einstecken. Der Rücktritt erfolgt in einer Zeit, in der die Grünen mit internen und externen Herausforderungen kämpfen.
Grünen-Vorstand tritt geschlossen zurück
Berlin – Der gesamte Grünen-Vorstand, einschließlich der Co-Vorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour, tritt geschlossen zurück. Dies gaben die beiden in einem kurzen Pressestatement am Mittwoch in Berlin bekannt. Um weiter „gute Politik zu machen für Frieden, für Freiheit, für Gerechtigkeit, für Wohlstand und für Klimaschutz“ brauche es Veränderung. Bei dem anstehenden Parteitag in Wiesbaden solle nun ein neuer Vorstand gewählt werden.
In einem Statement auf der Social-Media-Plattform X betonte Lang, dass „neue Gesichter“ gebraucht würden, um die Partei aus der Krise zu führen. Die Entscheidung sei schwergefallen, doch im Hinblick auf die Bundestagswahl 2025 habe man die notwendigen Konsequenzen gezogen.
Eine bemerkenswerte, aber umstrittene Karriere
Seit ihrem 18. Lebensjahr engagiert sich Ricarda Lang bei den Grünen. Ihren politischen Einstieg machte sie bei der Grünen Jugend, deren Bundessprecherin sie 2017 wurde. Ihr Studium der Rechtswissenschaften beendete sie ohne Abschluss – dennoch folgte 2021 der Einzug in den Deutschen Bundestag und bereits ein Jahr später übernahm sie den Parteivorsitz von Bündnis 90/Die Grünen. Eine bemerkenswerte Karriere für die 30-Jährige.
Der jungen Frau wird Talent zugesprochen. Trotzdem war Langs Führungsposition in der Partei nicht unumstritten. Kritiker bezweifelten, ob sie die richtige Wahl an der Spitze war. Neben ihrem aufsehenerregenden Fauxpas in einer TV-Sendung bei Markus Lanz, als sie nicht wusste, wie hoch die Durchschnittsrente in Deutschland ist, sorgten immer wieder Debatten über ihren Körper für Schlagzeilen.
Parteiinterne Spannungen und schwindender Rückhalt
Die Diskussionen um Langs Körper wurden auch zu einem parteiinternen Streitpunkt. „Ricarda zwingt uns immer wieder Debatten über Bodyshaming und Feminismus auf. Wir kommen gar nicht mehr dazu, über unsere Inhalte zu reden“, sagt eine kritische Stimme der Grünen-Partei, laut Zeit Online. Insgesamt schwinde innerhalb der Grünen die Solidarität mit ihrer Parteispitze.
Die Landesverbände fühlten sich von der Parteiführung im Stich gelassen, berichtet Zeit Online. Dass die Grünen für hohe Energiepreise und wirtschaftliche Schwäche verantwortlich gemacht werden, frustriere besonders diejenigen, die sich als Frühwarner dieser Entwicklungen sehen. Der Vorwurf: Die Bundesspitze habe viel zu lange und zu passiv zugesehen, wie sich diese negativen Erzählungen in der Gesellschaft verbreiten konnten.
Desaströse Wahlergebnisse und lobende Worte
Der Rücktritt von Lang und Nouripour kommt für die Partei zwar unerwartet, aber ohne Entsetzen. Bei den vergangenen Landtagswahlen in Thüringen und Brandenburg flogen die Grünen aus dem Landtag, in Sachsen überstieg die Partei nur haarscharf die Fünf-Prozent-Hürde. In den Umfragen standen die Grünen am Montag noch bei 9,5 Prozent – und damit erstmals seit sieben Jahren einstellig. Der Rücktritt von Nouripour und Lang steht wohl in direktem Zusammenhang mit den desaströsen Wahlergebnissen bei der Landtagswahl in Brandenburg.
Die Grünen-Wirtschaftsministerin von Nordrhein-Westfalen, Mona Neubaur, lobte den Schritt der beiden Vorsitzenden auf Anfrage von IPPEN.MEDIA. „Es zeichnet sie aus, diesen Schritt – in Verantwortung für die Partei – selbstbestimmt und selbstbewusst zu gehen.“ Vizekanzler Robert Habeck sprach von einem „großen Dienst an der Partei“.
Langs Rücktritt als Neustart für die Partei
Neben der Pressekonferenz in Berlin veröffentlichte Lang Videos auf der Plattform X, um die Gründe ihres Rücktritts darzustellen. Sie wolle, dass die Partei für „die Zukunft des Landes und die Zukunft Europas aufgestellt ist. Für mich war es immer wichtig, dass ich nicht an einem Sessel klebe, dass ich ein Amt nicht um des Amtes willen mache oder Selbstzweck, sondern weil ich davon überzeugt bin, dass ich dort den besten Beitrag leisten kann für das grüne politische Projekt.“
Ihr Amt als Parteivorsitzende war „Privileg und Ehre. Es war für mich aber immer auch Verpflichtung zur Verantwortung. Und zwar Verantwortung nicht für mich selbst, sondern für diese Partei“. Sie wolle mit ihrem Rücktritt Verantwortung übernehmen, um einen „Neustart für die Partei“ zu ermöglichen.