Stockende Gasimporte: Steht der LNG-Boom vor dem Aus?
Das LNG-Terminal in Mukran auf Rügen sollte eigentlich Ostdeutschland mit Gas versorgen. Doch seit dem 19. Juni liegen die Einspeisungen bei null. Warum ist das so?
Im vergangenen Juli betonte die Bundesregierung noch, dass der Ausbau der LNG-Infrastruktur essenziell für die Versorgungssicherheit in Deutschland sei. Um unabhängig von russischem Gas zu werden, wurden in den letzten Jahren fünf LNG-Terminals gebaut, eines davon in Mukran an der Ostsee. Doch die Realität sieht anders aus: Die Einspeisungen ins Gasnetz liegen bei null, wie Daten von Gas Infrastructure Europe (GIE) zeigen. Und auch insgesamt bleibt der Anteil von LNG am deutschen Energiemix eher bescheiden: Laut Bundesnetzagentur wurden 2023 nur sieben Prozent der Gasimporte über deutsche LNG-Terminals importiert. Ist der LNG-Boom also schon wieder vorbei?
LNG-Terminal in Mukran: Fehlende Einspeisungen im Juli
Das LNG-Terminal in Mukran hat seit April die Erlaubnis vom staatlichen Umweltamt Vorpommern, vom Probebetrieb in den Regelbetrieb überzugehen. Doch im Mai erklärte der Betreiber Deutsche ReGas der Deutschen Presse-Agentur, dass der Zeitpunkt der Inbetriebnahme nicht weiter terminiert sei. Dabei soll das Terminal eine zentrale Rolle für die Versorgung Ostdeutschlands einnehmen. Laut einer Mitteilung von Deutsche ReGas hat das neue LNG-Terminal eine Regasifizierungskapazität von bis zu 13,5 Milliarden Kubikmetern Erdgas und könnte damit 15 Prozent des deutschen Erdgasbedarfs decken.
Das LNG, das in Mukran regasifiziert werden soll, wird anschließend über eine Pipeline nach Lubmin geleitet. Diese Pipeline wird vom Fernleitungsnetzbetreiber Gascade betrieben. Auf Nachfrage bestätigte Gascade: „Über den Entry-Punkt des Terminals Mukran, ‚Baltic Energy Gate Entry‘, sind im Juli 2024 bis dato keine Gasmengen zum Transport in unser Netz nominiert worden.“ Der Betrieb des LNG-Terminals scheint also immer noch nicht so zu laufen wie ursprünglich geplant.
Geringe Nachfrage nach LNG?
Ein Grund für die stockenden Einspeisungen könnte die geringe Nachfrage nach LNG sein. Am 12. Juli teilte die Deutsche Terminal GmbH mit, dass für die LNG-Terminals Wilhemshaven und Brunsbüttel bei einer Auktion weder kurzfristige noch langfristige Kapazitäten vermarktet werden konnten. Schuld daran seien laut Deutsche Terminal GmbH die Preisvorgaben der Bundesnetzagentur und EU-Vorgaben zum Wettbewerbsrecht. Auch eine Auktion der Gaskapazitäten in Mukran lief Anfang Juli nicht wie geplant und wurde wegen „technischer Schwierigkeiten“ abgesagt.
Insgesamt scheint die Nachfrage nach LNG aktuell niedrig zu sein. Laut Daten der Bundesnetzagentur liegen die deutschen LNG-Importe seit dem 6. Juli unter 200 Gigawattstunden pro Tag. Am 12. und 13. Juli waren es sogar nur 30 Gigawattstunden. Zum Vergleich: Allein aus Norwegen importierte Deutschland im Juli mehr als 1000 Gigawattstunden Pipeline-Erdgas täglich. Eine Sprecherin der Bundesnetzagentur erklärte, dass die Marktpreise bei LNG üblicherweise höher seien als bei Pipeline-Gas. Zudem seien die Gasspeicher bereits zu knapp 90 Prozent gefüllt.
Überkapazitäten bei LNG-Terminals?
Die Frage, ob Deutschland überhaupt so viele LNG-Terminals benötigt, bleibt umstritten. Umweltschützer sind der Meinung, dass es keine energiewirtschaftlichen oder industriepolitischen Argumente für die Entwicklung des LNG-Projekts Mukran gibt. Die Bundesnetzagentur sieht das differenzierter. „Die Anzahl an LNG-Terminals ist eine Frage nach der gewünschten Resilienz“, sagte eine Sprecherin auf Anfrage. Bei den Genehmigungsverfahren für LNG-Infrastruktur werde darauf geachtet, dass sie auch in Zukunft genutzt werden kann – etwa mit Wasserstoff.
Insgesamt zeigt sich, dass die aktuelle Politik der Bundesregierung in Bezug auf die LNG-Infrastruktur nicht die gewünschten Erfolge bringt. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation weiterentwickelt und ob die geplanten Kapazitäten jemals voll ausgeschöpft werden können.
- Themen:
- #Energie
- #Bundesregierung
- Kettner Edelmetalle News
- Finanzen
- Wirtschaft
- Politik