Chinas Ambitionen im Innovationssektor durch Fachkräftemangel gebremst
Der Fachkräftemangel stellt eine erhebliche Hürde für Pekings Bestrebungen dar, China als internationales Innovationszentrum zu etablieren. Trotz umfangreicher Investitionen und Förderprogramme sinkt die Zahl ausländischer Fachkräfte kontinuierlich, was das Umfeld für Expats zunehmend erschwert. Immer mehr hochqualifizierte Fachkräfte kehren China den Rücken.
Weniger Ausländer in Chinas Metropolen
Ein Freund berichtete jüngst von einer Reise durch China, bei der er in einem Hochgeschwindigkeitszug von Nanjing nach Peking gefragt wurde, ob man ein Foto von ihm machen dürfe, da sein Sitznachbar noch nie einen Ausländer aus solcher Nähe gesehen habe. Diese Begegnung verdeutlicht, wie selten ausländische Gesichter inzwischen in China geworden sind – selbst in zentralen Verkehrsachsen und Metropolen wie Peking, Shanghai, Guangzhou und Shenzhen.
Laut dem neuesten Gehaltsreport der Deutschen Außenhandelskammer in China ist der Anteil ausländischer Mitarbeiter in deutschen Unternehmen seit 2017 von knapp 81% auf unter 70% gefallen. Der Rückgang internationaler Fachkräfte setzt sich also auch nach der Pandemie fort, was Pekings Ziel, bis 2025 zu einem internationalen Innovationszentrum aufzusteigen, erheblich gefährdet.
Programme zur Anwerbung ausländischer Talente bleiben erfolglos
Obwohl Peking Programme ins Leben gerufen hat, um hochqualifizierte ausländische Talente anzulocken, ist die Zahl der in Peking lebenden und arbeitenden Ausländer in den letzten zehn Jahren von 37.000 auf etwa 22.000 gesunken – ein Rückgang von fast 50 %. Besonders ernüchternd ist die Bilanz in der Hochtechnologie: Nur 13 % der ausländischen Arbeitskräfte arbeiten in der Forschung oder im Ingenieurwesen.
Im Vergleich dazu waren im Silicon Valley im Jahr 2016 etwa 70 % der Arbeitskräfte im Ausland geboren, während in Peking Ausländer nur 0,2 % der Erwerbstätigen und 0,1 % der Bevölkerung ausmachen. Diese Diskrepanz unterstreicht die Herausforderungen, mit denen Peking konfrontiert ist, wenn es mit den weltweit führenden Innovationsstandorten konkurrieren möchte.
Geopolitische Spannungen und nationale Kontrolle schrecken ab
Seit der Pandemie hat sich die Zusammensetzung der ausländischen Gemeinschaft in Peking verändert. Der Anteil westlicher Fachkräfte ist von 16 % im Jahr 2019 auf 12 % gesunken, während der Anteil afrikanischer Experten von 26 % auf 31 % gestiegen ist. Auch der Anteil der Spezialisten aus Russland und Osteuropa ist gewachsen. Dennoch bleibt der allgemeine Trend des Rückgangs deutlich, was nicht zuletzt an den anhaltenden geopolitischen Spannungen und einer zunehmenden nationalen Kontrolle liegt.
Karriererisiko China? Westliche Talente wenden sich ab
China verliert zunehmend an Ansehen als attraktiver Karriereschritt. Was früher als wertvolle Auslandserfahrung galt, wird inzwischen oft als Karrierefalle wahrgenommen. Viele Fachkräfte fürchten, dass eine Station in China ihre beruflichen Chancen beeinträchtigen könnte. Die Spannungen zwischen den USA und China beeinflussen zunehmend die Entscheidung, ob Fachkräfte nach China kommen oder bleiben. Hinzu kommen Berichte über eine schleichende ethnische Nationalisierung, die ausländische Talente eher abschreckt als willkommen heißt.
Offiziell betont China zwar immer wieder seine Offenheit gegenüber dem Ausland, doch die Realität sieht anders aus: Die kontinuierlich sinkenden Zahlen ausländischer Fachkräfte sprechen eine klare Sprache. Für viele Talente aus dem Ausland ist das Reich der Mitte längst nicht mehr der attraktive Karriereschritt, der es einmal war. Stattdessen fühlen sie sich zunehmend unerwünscht und wenden sich anderen Zielen zu. Pekings Ambitionen, eine internationale Innovationsmetropole zu werden, geraten so in Konflikt mit der Abschottungstendenz, die China nicht erst seit Corona verfolgt.
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