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07.08.2024
06:49 Uhr

Das Wirtschaftsministerium und die Deindustrialisierung Deutschlands

Das Wirtschaftsministerium und die Deindustrialisierung Deutschlands

In einem Gastkommentar spricht der ehemalige Hamburger Umweltsenator Prof. Fritz Vahrenholt über den deutschen Strommarkt der Zukunft, die vier Säulen der Stromversorgung aus Sicht des Wirtschaftsministeriums, ihre Kosten und Erfolgschancen sowie die wahrscheinlichen Auswirkungen für Hunderttausende Arbeitsplätze und noch mehr Bürger. Bereits heute ein Industriedenkmal: Historischer Bergbauturm in Oberhausen, Nordrhein-Westfalen.

Die vier Säulen des neuen Strommarktdesigns

Das „Strommarktdesign der Zukunft“ liegt vor. Die vom Wirtschaftsministerium unter Robert Habeck vorgelegten Handlungsoptionen beschreiben vier wichtige und für die Grundstoffindustrie existenzbedrohende Säulen des deutschen Strommarkts. Diese sind:

  • 100 Prozent erneuerbare Energien
  • Wasserstofffähige Kraftwerke als Back-up für Dunkelflauten
  • Lokale Flexibilisierung der Stromnachfrage
  • Flexibilisierung der Stromnachfrage der Industrie

Was in der Drucksache des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) technisch daherkommt, fordert und erfordert nichts Geringeres als den „nahezu vollständigen Umbau unserer Energieversorgung“, „umfangreiche Anpassungen in allen Bereichen der Stromerzeugung, -übertragung und -speicherung“ und „betrifft […] letztlich nahezu die gesamte Gesellschaft und Volkswirtschaft.“

Die wirtschaftlichen Konsequenzen

Die Regierung will die Art und Weise, wie wir leben, produzieren und arbeiten, vollständig umkrempeln. Wirtschaftliche Tätigkeit, aber auch die Bedürfnisse des Einzelnen haben sich dem Primat der 100-prozentigen Versorgung mit erneuerbaren Energien unterzuordnen. Freiheit und Wohlstand zählen dabei nicht mehr. Warum dieser Umbau scheitern wird, zeigt schon der erste Versuch des Wirtschaftsministers, Wasserstoff für Deutschland zu akquirieren.

Der Wasserstoffdeal und seine Folgen

Die Bundesagentur H2Global hat ihre erste Ausschreibungsrunde für grüne Wasserstoffderivate abgeschlossen. Sie importiert nun ab 2027 rund 259.000 Tonnen grünes Ammoniak aus Ägypten. Der Lieferant Fertiglobe, ein Unternehmen mit Hauptsitz in den Arabischen Emiraten, sagte einen Produktionspreis von 811 Euro pro Tonne Ammoniak zu.

Robert Habecks „Wasserstoff-Coup“ bedeutet, Ammoniak für 210 Millionen Euro einzukaufen, dessen Wasserstoffgehalt bei direktem Einsatz als Erdgasersatz neunmal so teuer wie Erdgas ist. Wenn man 210 Millionen Euro für einen Energieträger mit einem Marktwert von 23 Millionen Euro ausgibt, wird kein Industriebetrieb noch ein Kraftwerk mehr als diesen Marktwert bezahlen. Also müssen 187 Millionen Euro durch Habecks Ministerium subventioniert werden.

Flexibilisierung der Stromnachfrage: Eine Illusion?

In der Strommarktvision steht: „Das Stromsystem geht von inflexibler Nachfrage und ihr nachfolgender Erzeugung über in ein System flexibler Nachfrage, die variabler Erzeugung folgt.“ Der Satz soll wohl niemand verstehen. Er bedeutet: Bislang wurde jeder Strombedarf durch das Herauf- und Herunterfahren von Kraftwerken gedeckt. Wenn aber nur noch schwankende erneuerbare Energien vorhanden sind, muss sich der Strombedarf der Kunden flexibel an die schwankende Erzeugung von Wind- und Sonnenstrom anpassen.

Das Ende vieler Arbeitsplätze in Deutschland

Die Politik hat sich zum Ziel gesetzt, regelbare Stromversorgung (Kernenergie und Kohle) als Rückgrat der Industrie zu ersetzen durch schwankende erneuerbare Energien. Die Folge ist, dass die Industriebetriebe jetzt gezwungen werden sollen, ihre Produktion dem schwankenden Stromangebot anzupassen oder höhere Netzkosten zu bezahlen, wenn sie es nicht tun. Was hier aufgeführt wird, geht an die Grundfesten der industriellen Produktion, die es in Deutschland wegen zu hoher Strompreise aufgrund der Energiewende ohnehin schwer hat.

Auf die energieintensiven Betriebe kommt eine doppelte Mehrbelastung zu. So kann die Veränderung der Netzentgeltverordnung eine zusätzliche Belastung von 3,5 ct/kWh an Netzkosten ausmachen. Hinzu kommt, dass die Netzkosten wegen des teuren Netzausbaus auf bis zu zehn Cent pro Kilowattstunde ansteigen werden. In Summe führt das für die energieintensiven Betriebe zu Netzkosten pro Kilowattstunde von acht Cent, zuzüglich neun Cent für den heutigen Börsenstrompreis. Ein Strompreis von 17 ct/kWh ist das Ende dieser Arbeitsplätze in Deutschland.

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