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19.09.2024
12:47 Uhr

Deutsche Verkehrsinfrastruktur in kritischem Zustand: Ein Weckruf aus Dresden

Deutsche Verkehrsinfrastruktur in kritischem Zustand: Ein Weckruf aus Dresden

Der Einsturz der Carolabrücke am 11. September in Dresden hat die gesamte Nation erschüttert. Dieses tragische Ereignis wirft ein grelles Licht auf den maroden Zustand der deutschen Verkehrsinfrastruktur. Die Carolabrücke ist kein Einzelfall; viele Brücken in Deutschland weisen gravierende Schäden auf und bedürfen dringend einer Sanierung oder eines Neubaus.

Alarmierender Sanierungsstau

Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie (HDB), betont, dass jede dritte kommunale Brücke saniert oder ersetzt werden müsse. Der Sanierungsstau beläuft sich auf gewaltige 372 Milliarden Euro. Auch bei Autobahnen und Bundesstraßen sieht die Lage nicht besser aus. Rund 4.000 Bauwerke gelten als sanierungs- oder ersatzbedürftig, was etwa zehn Prozent aller Brücken an den Bundesfernstraßen ausmacht.

Verkehrsbelastung und Sicherheitsrisiken

Insbesondere in Westdeutschland, wo viele Autobahnen zwischen 1960 und 1980 gebaut wurden, sind die Brücken heute oft überlastet. Damals konnte niemand die heutigen Verkehrsmengen und die schwereren Lastwagen vorhersehen. Thomas Puls, Verkehrsökonom beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln), erklärt, dass die heutigen Transportrouten bis nach Osteuropa und auf den Balkan reichen, was die Belastung zusätzlich erhöht.

Früherkennung und moderne Technik

Brücken gehören zu den am meisten kontrollierten Bauwerken in Deutschland, werden aber dennoch nur alle drei Jahre von Spezialisten überprüft. Bauindustrie-Verbandschef Müller schlägt vor, Sensoren in Neubauten zu integrieren, die Porosität und Risse in Brückenpfeilern detektieren könnten. Obwohl dies die Baukosten um bis zu fünf Prozent erhöhen würde, könnte es langfristig Kosten sparen und die Sicherheit erhöhen.

Beispiele für Missstände

Ein herausragendes Symbol der Misere ist die Talbrücke Rahmede, die im Dezember 2021 aufgrund schwerer Schäden gesperrt und im Mai 2023 gesprengt wurde. Ursprünglich für 25.000 Fahrzeuge pro Tag konzipiert, fuhren vor der Sperrung 64.000 Fahrzeuge täglich über die Brücke, darunter 13.000 Lkw. Derzeit wird an einem Ersatzbauwerk gearbeitet.

Langsame Planungs- und Bauzeiten

Volker Treier, Mitglied der Hauptgeschäftsführung der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), fordert mehr Geschwindigkeit beim Brückenbau. Als Beispiel nennt er die Morandi-Brücke in Genua, die binnen zwei Jahren neu gebaut wurde. Im Vergleich dazu wird an der Rheinbrücke zwischen Leverkusen und Köln seit 2017 gebaut, und die Fertigstellung ist erst für Ende 2027 geplant.

Weitere Problemfelder: Schienen- und Wasserwege

Auch die Schieneninfrastruktur ist in einem desolaten Zustand. Der Sanierungsstau beläuft sich hier auf 92 Milliarden Euro. Die Deutsche Bahn plant eine Generalsanierung von 4.000 Kilometern Gleisen bis 2030. Die Wasserwege sind ebenfalls betroffen, mit maroden Schleusen aus der Kaiserzeit, die dringend saniert werden müssen.

Finanzierung und politische Verantwortung

Frank Huster, Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband Spedition und Logistik, fordert ein „Sondervermögen Verkehrsinfrastruktur“. Ein solches Sondervermögen könnte einen großen Konjunkturimpuls auslösen und private Folgeinvestitionen anregen. Es bedarf jedoch des politischen Willens und vor allem viel Geld, um die dringend benötigten Investitionen zu tätigen.

Der Zustand der deutschen Verkehrsinfrastruktur ist alarmierend und erfordert sofortige Maßnahmen. Es ist höchste Zeit, dass die Bundesregierung handelt, um die Sicherheit und Effizienz unserer Verkehrswege zu gewährleisten.

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