Deutschlandticket zu kostspielig – Einschränkungen im ÖPNV erwartet
Öffentliche Verkehrsmittel sind beliebter denn je, aber das Angebot könnte zurückgehen. Finanzielle Notlagen zwingen die Bundesländer zu Einsparungen.
Finanzielle Engpässe zwingen zu Kürzungen
Berlin - Obwohl die Nachfrage nach öffentlichen Verkehrsmitteln wie Bussen und Bahnen im Nah- und Regionalverkehr zunimmt, sehen sich einige Bundesländer gezwungen, ihr Angebot aufgrund finanzieller Engpässe zu reduzieren. Bereits im Dezember, zum Zeitpunkt des Fahrplanwechsels, sind in Regionen wie Schleswig-Holstein Streichungen von Verstärkerzügen und Verbindungen in Randzeiten sowie am Wochenende vorgesehen.
Claus Ruhe Madsen, der Verkehrsminister von Schleswig-Holstein, äußerte bereits im August seine Bedenken: „Die Abbestellungen – auch wenn es nur Randzeiten und weniger als 1,5 Prozent aller Verbindungen im Land betrifft – bleiben schmerzhaft und sind sicher nicht das Signal, das wir senden wollen“.
Kürzungen in mehreren Bundesländern
Doch Schleswig-Holstein ist nicht das einzige Bundesland, das solche Kürzungen befürchtet. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) informierte auf Anfrage: „Niedersachsen hat eine Prüfung angekündigt und nach unserem Kenntnisstand drohen Abbestellungen auch in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen.“ Diese Planungen betreffen das kommende Jahr, also den Fahrplanwechsel im Dezember 2025.
Der VDV fügte hinzu: „Es geht nicht nur um Abbestellungen von bereits laufenden Verkehren, sondern auch um nicht mehr finanzierbare Mehrbestellungen“. Dies betrifft auch Verstärkerzüge, die aufgrund des starken Fahrgastwachstums bereits geplant waren, „aber noch auf einer Kostenbasis kalkuliert wurden, die angesichts der extrem gestiegenen Kosten jetzt nicht mehr realisierbar sind“.
Steigende Betriebskosten belasten ÖPNV
Der Mangel an finanziellen Ressourcen zur Deckung der steigenden Betriebskosten ist der Hauptgrund für diese Reduzierungen. Laut VDV sind die Personalkosten für die Unternehmen zwischen 2019 und 2021 um etwa 13 Prozent gestiegen, während der Materialaufwand für Reparatur und Instandhaltung, Betriebsstoffe und Energie sogar um fast 40 Prozent gestiegen ist. Obwohl die Inflation seitdem wieder gesunken ist, bleiben die Kosten hoch.
Der VDV betonte: „Doch die tatsächlichen Kostensteigerungen liegen deutlich darüber“. Aus Sicht der Branche müssten die Regionalisierungsmittel jedes Jahr um rund drei Milliarden Euro zunehmen, um allein das bestehende Angebot zu sichern. Aktuell laufen erneut Haushaltsverhandlungen des Bundes, auch über diese Frage.
Fahrpreise steigen weiter
Seit dem Einbruch in der Corona-Krise ist die Nachfrage nach Bussen und Bahnen im Nah- und Regionalverkehr wieder stark gestiegen. Dies ist vor allem zurückzuführen auf das Deutschlandticket, das ab 2025 teurer wird. Laut dem Statistischen Bundesamt waren allein im ersten Halbjahr rund 5,6 Milliarden Menschen mit Bussen und Bahnen im Nah- und Regionalverkehr unterwegs. Das waren rund sechs Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Schon 2023 lag das Plus im Vorjahresvergleich bei acht Prozent.
Die hohe Nachfrage bringt den ÖPNV an reisestarken Wochenenden schon jetzt häufig an seine Kapazitätsgrenzen und darüber hinaus. Eine Reduzierung des Angebots würde je nach Umfang die Situation weiter verschärfen.
Um sich zu helfen, greifen die Länder derzeit vor allem auf höhere Fahrpreise zurück. Im kommenden Jahr werden Busse und Bahnen vielerorts erneut teurer. In Berlin und Brandenburg wurde kürzlich eine durchschnittliche Erhöhung der Ticketpreise um rund 7,5 Prozent bekannt. Auch Hessen, Bremen, München und die großen NRW-Verkehrsverbünde haben bereits Preissteigerungen ab Januar angekündigt.
Nachhaltigkeit bleibt ein Ziel
Während Kürzungen im ÖPNV drohen, hebt der ADAC Mobilitätsindex 2024 hervor: Mobilität und Verkehr in Deutschland müssen nachhaltiger werden. Von 2015 bis 2022 hat es zwar Fortschritte gegeben, doch zuletzt immer weniger.