Die Realität hinter der russischen Propaganda: Ein differenzierter Blick auf die Gesellschaft
Der Kreml propagiert ein Bild von Russland, das von ultrakonservativen Werten und einer breiten Kriegsbegeisterung geprägt ist. Doch aktuelle Studien und Analysen zeichnen ein anderes Bild der russischen Gesellschaft. Trotz der offiziell hohen Zustimmungswerte für die militärischen Aktionen in der Ukraine, die laut Umfragen des Moskauer Lewada-Zentrums bei knapp 80 Prozent liegen sollen, gibt es erhebliche Zweifel an der Aussagekraft dieser Zahlen.
Umfrageergebnisse unter repressiven Bedingungen
Die Umfrageergebnisse sind stark von der Angst vor Repression beeinflusst. Kritisch eingestellte Russen halten die Teilnahme an Umfragen zwei- bis viermal häufiger für potenziell gefährlich als Regierungsanhänger. Laut dem Expertenportal Re:Russia sehen 41 Prozent der Kriegsgegner ein großes persönliches Risiko in der Teilnahme an solchen Befragungen. Dies führt dazu, dass sie im Ergebnis unterrepräsentiert sind.
Die Rolle der Medien
Die Inlandsmedien in Russland stellen die militärische Lage weitaus positiver dar, als sie tatsächlich ist. Jede Eroberung wird gefeiert, während eigene Verluste verschwiegen werden. Diese verzerrte Darstellung trägt dazu bei, dass viele Russen die militärische Lage als gut empfinden und der Regierung folgen.
Wirtschaftliche Situation und Zufriedenheit
Ein weiterer Faktor für die Zustimmung zur Regierung ist die wirtschaftliche Lage. Trotz westlicher Sanktionen haben viele Russen bisher kaum einen Wohlstandsverlust erlitten. Es herrscht Vollbeschäftigung, und Familien von Kriegsfreiwilligen aus ärmeren Regionen profitieren von üppigen Staatsprämien.
Ideologische Indoktrination
Der Kreml versucht, die relative Zufriedenheit der Menschen in eine aktive Zustimmung zur eigenen ultrakonservativen Ideologie zu verwandeln. Schüler und Studenten erhalten ideologischen Unterricht, oppositionelle Medien wurden vertrieben, und abweichende Meinungen werden stark sanktioniert. Doch der Erfolg dieser Bemühungen ist gering.
Unzufriedenheit und Reformwünsche
Eine aktuelle Studie des Instituts für gesellschaftspolitische Forschung der Russischen Akademie der Wissenschaften zeigt, dass nur 25 Prozent der Befragten volle Zufriedenheit mit dem politischen System äußern. Die Hälfte der Befragten wies auf Mängel hin, die durch Reformen beseitigt werden sollten. Diese Unzufriedenheit deutet darauf hin, dass die ideologische Durchdringung der Gesellschaft nicht so tiefgreifend ist, wie oft behauptet wird.
Werte der russischen Bevölkerung
Die Studie zeigt auch, dass die Russen Werte wie Frieden, Gerechtigkeit, Gesetzmäßigkeit und Menschenrechte bevorzugen. Von der Regierung propagierte Werte wie Moral, Religion und Patriotismus landen auf hinteren Plätzen. Dies widerspricht dem Bild einer von nationalpatriotischen Idealen durchdrungenen Gesellschaft.
Die Zukunft der Zustimmung
Die künftige Zustimmung zur Regierung hängt stark davon ab, wie sich der Krieg für Russland militärisch und wirtschaftlich entwickelt. Trotz eines kriegsbedingt unguten Gefühls hoffen viele Russen, dass Wladimir Putin als Symbolfigur des politischen Systems die Situation stabilisieren wird. Die nichtkonformen Russen befinden sich in einer durch harte Repressionen verursachten gefährdeten Lage, doch sie stehen keiner Masse ideologisch durchdrungener Landsleute gegenüber.
Insgesamt zeigt sich, dass die russische Gesellschaft weitaus komplexer ist, als die offizielle Propaganda vermuten lässt. Die Mehrheit der Bevölkerung teilt die ultrakonservativen Werte der Regierung nicht und ist vor allem an ihrer eigenen materiellen Situation interessiert.
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