Erhöhtes Rentenalter: Mehr Arbeit, weniger Rente
Die Lebensspanne wächst langsamer als das Rentenalter, so eine Statistikspezialistin. Dies hat Auswirkungen auf Rentner: Sie erhalten weniger Rente.
Politik und Wirtschaft setzen auf späteren Renteneintritt
Berlin – Viele in Politik und Wirtschaft sind sich einig: Erwerbstätige sollen später in Rente gehen, ansonsten gerät das gesamte System unter Druck und die Beiträge für die Rentenversicherung müssen deutlich steigen. Grund ist die gestiegene Lebenserwartung: Die Menschen werden immer älter, beziehen damit länger ihre Zahlungen. Gleichzeitig müssen immer weniger Arbeitende die Beiträge zahlen. Die Datenexpertin Dagmar Pattloch stellt diese Prämisse nun in Frage.
Rentenalter steigt schneller als Lebenserwartung – laut neuer Berechnung
Die Lebenserwartung ist laut Pattloch nicht so sehr gestiegen wie das Renteneintrittsalter. Damit wäre die Erhöhung auf 67 Jahre bisher unverhältnismäßig hoch. Das geht aus einer Studie der Datenexpertin beim Forschungsdatenzentrum bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin hervor, über die das Portal Ihre Vorsorge zuerst berichtet hat.
Verkürzte Rentendauer trotz späterem Rentenbeginn
Laut Pattloch lag das durchschnittliche Renteneintrittsalter 2022 bei 64,9 Jahren. Die zu erwartende Rentendauer habe 16,6 Jahre bei Männern und 20,2 Jahre bei Frauen betragen. Zwischen 2012 und 2022 hat sich den Berechnungen zufolge ein „merklicher Aufschub des Beginns der Altersrente“ um ein Jahr bei Männern und 1,4 Jahren bei Frauen gezeigt. Die Analystin hat dabei die sogenannte Sullivan-Methode genutzt und die Lebenserwartung von 60-Jährigen in den Abschnitt vor und nach dem Rentenbeginn geteilt.
Durch Rente mit 67: Dauer hat sich laut Datenexpertin sogar verkürzt
Die durchschnittliche Dauer der Rente hat sich laut der Studie in den Jahren seit Einführung der Rente mit 67 und der schrittweisen Annäherung an diesen Wert nicht verlängert, sondern verkürzt: bei Frauen um 1,3 Jahre, bei Männern um 0,8 Jahre. Pattloch attestierte der Anhebung der Regelaltersgrenze „tatsächlich die beabsichtigte Wirkung, die Inanspruchnahme von Rente zu reduzieren“, zu haben.
„Das Problem ist, dass diese Wirkung bisher weitgehend unbemerkt blieb“, erklärte Pattloch.
Tatsächlich gibt es immer wieder Stimmen, die eine weitere Erhöhung des Rentenbeginns fordern. „Wir kommen langfristig nicht drumherum, das gesetzliche Rentenalter an die fernere Lebenserwartung zu koppeln und ab 2031 langsam über 67 Jahre hinaus weiter anzuheben“, sagte etwa die Wirtschaftsweise Veronika Grimm im Juli. Die Abgabenlast sei nicht mehr tragbar.
Zahlen der Deutschen Rentenversicherung widersprechen
Auch die Zahlen der Deutschen Rentenversicherung, welchen Pattlochs Berechnung widerspricht, spiegeln die Tendenz eines immer längeren Bezugs der Rente wider. Die gemeinsame durchschnittliche Rentenbezugsdauer von Frauen und Männern sei zwischen 1993 und 2023 von 15,6 auf 20,5 Jahre gestiegen, berichtete das Portal Ihre Vorsorge. Auch die fernere Lebenserwartung ab 65 Jahren ist demnach in den vergangenen 25 Jahren durchschnittlich um 2,5 Jahre bei Frauen (auf 21 Jahre) und um fast drei Jahre bei Männern (auf 17,5 Jahre) gewachsen.
Die Frage bleibt, ob die Politik die richtigen Schlüsse aus diesen Daten zieht oder ob die deutsche Bevölkerung weiterhin die Last eines ungerechten Rentensystems tragen muss.
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