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07.09.2024
13:16 Uhr

Plädoyer für das Vergessen: Die Zeit und die Verdrängung des Corona-Unrechts

Plädoyer für das Vergessen: Die Zeit und die Verdrängung des Corona-Unrechts

In einem kürzlich veröffentlichten Essay in der ZEIT plädiert der Autor Nils Markwardt für das „organisierte Verdrängen“ gesellschaftlicher Probleme, insbesondere der Corona-Maßnahmenpolitik. Ihm zufolge würden ständige Aufarbeitungsdebatten zu einem „chronischen Konfliktüberschuss“ führen, der populistischen Parteien wie der AfD in die Hände spiele.

Die Argumentation von Markwardt

Markwardt argumentiert, dass die Demokratie überfordert sei, wenn sie alles gleichzeitig aufarbeiten wolle. Deshalb sollten wir vor allem die Verfehlungen der Corona-Maßnahmenpolitik vergessen. In seiner Argumentation macht Markwardt zunächst einen Exkurs in das Private. Hier sei es durchaus sinnvoll, sich einer sogenannten „life review“ zu unterziehen. Dies helfe gegen „Ängste und Depressionen“ und ermögliche mehr „Lebenssinn und Optimismus“, so der Zeit-Autor.

Der Trend der Selbstreflexion hätte sich aber inzwischen auch in der politischen Sphäre breit gemacht. Und das ist der ZEIT zufolge ein grundfalscher Ansatz. „Es gibt kaum einen kollektiven Konflikt, der nicht von Rufen begleitet wird, ihn im gesellschaftlichen Großgespräch auf- und durchzuarbeiten“, bedauert Markwardt. Doch genau diese „Form der democracy review“ könne „Schaden anrichten“, meint er. Durch das ständige Besprechen könne es gar zu einem „chronischen Konfliktüberschuss“ kommen, der „die politische Debatte blockieren kann“.

Populistische Parteien profitieren

Das Ergebnis dessen sei lediglich ein „Diskursrauschen“, was den Parteien der Ränder, insbesondere der AfD und dem BSW, nütze. Sie könnten aus der Forderung nach Aufarbeitung „Kulturkämpfe“ ausrufen und „komplexe Sachfragen auf identitätspolitische Schlagworte“ zusammenzurren. Hinter der Nennung von „Reizworten“ wie „Migration“, „Pandemie“ oder „Terrorismus“ würden sich in Wahrheit „gleich mehrere Debatten“ verbergen.

Aus diesem Grund wäre die demokratische Öffentlichkeit überfordert, sich mit all diesen Problemen simultan auseinanderzusetzen, so Markwardt. Das Resultat, dass man hieraus ziehen müsse, sei klar, erklärt der ZEIT-Autor. Die oft wiederholte Formel, man müsse AfD oder BSW „inhaltlich stellen“, würde in der Praxis meist ins Leere laufen. Populistischen Parteien müsse man stattdessen ihren „strategischen Vorteil“ rauben, und dies ginge nur durch „das organisierte Verdrängen“.

Kritik an der Forderung

Die Forderung nach Verdrängung stößt auf erheblichen Widerstand. Viele Bürger sehen darin eine gefährliche Tendenz, die tatsächliche Aufarbeitung und Verantwortlichkeit zu umgehen. Gerade die Corona-Maßnahmenpolitik hat bei vielen Menschen tiefe Spuren hinterlassen. Das Vertrauen in staatliche Institutionen und die Politik wurde erheblich erschüttert.

Der frühere Bundesgesundheitsminister Jens Spahn meinte zu den RKI-Files, das sei alles seit Jahren bekannt und nichts Neues. Diese Aussage verdeutlicht, dass es durchaus eine Notwendigkeit für eine umfassende Aufarbeitung gibt, um das Vertrauen der Bürger wiederherzustellen.

Ein Blick in die Zukunft

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Debatte um die Verdrängung und Aufarbeitung gesellschaftlicher Probleme weiterentwickeln wird. Klar ist jedoch, dass eine demokratische Gesellschaft nur durch Transparenz und Verantwortlichkeit bestehen kann. Das „organisierte Verdrängen“ mag kurzfristig Konflikte reduzieren, langfristig jedoch könnte es das Vertrauen in die Demokratie weiter untergraben und populistischen Kräften zusätzlichen Auftrieb geben.

In Zeiten, in denen die Gesellschaft vor zahlreichen Herausforderungen steht, ist es umso wichtiger, traditionelle Werte wie Ehrlichkeit, Verantwortungsbewusstsein und Transparenz hochzuhalten. Nur so kann eine starke und geeinte Nation entstehen, die den kommenden Generationen ein stabiles und vertrauenswürdiges Fundament bietet.

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