Präsidentenwahl im Iran: Eine Wahl ohne echte Wahl?
Im Iran hat die Präsidentenwahl begonnen, doch viele sprechen von einer Inszenierung und wollen die Wahl boykottieren. Nach dem Rückzug zweier Hardliner gibt es noch vier Kandidaten – unter ihnen auch ein moderat-konservativer. Rund 60 Millionen Iranerinnen und Iraner sind zur Wahl aufgerufen, nachdem Präsident Ebrahim Raisi Mitte Mai bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben kam.
Vier Kandidaten, aber keine echte Wahl?
Obwohl vier Namen auf dem Stimmzettel stehen, zweifeln viele an der Legitimität der Wahl. Der ultrakonservative Wächterrat hatte unter den 80 Bewerbern kräftig ausgesiebt. Die 19-jährige Teheranerin Lilly, die zum ersten Mal wählen darf, zeigt sich dennoch hoffnungsvoll. Sie trägt ihr Kopftuch locker um den Hals und glaubt, dass man im Land durchaus etwas bewirken könne. Doch viele andere, wie eine Frau, die das Kopftuch eng um das Gesicht trägt, halten nichts von der Wahl und der iranischen Führung.
Ein tiefer Graben zwischen Führung und Gesellschaft
Der Graben zwischen der islamischen Führung in Teheran und der Gesellschaft ist tief. Viele junge Iranerinnen und Iraner, wie Sina und seine Freundin Sarvenaz aus Rascht, führen ein Doppelleben. Sie tragen das Kopftuch nur als Halstuch und riskieren Strafen, wenn sie es nicht vorschriftsmäßig tragen. Die Wahlbeteiligung war bereits bei der letzten Präsidentenwahl 2021 unter 50 Prozent, und bei den Parlamentswahlen in diesem Jahr lag sie knapp über 40 Prozent.
Drei Favoriten unter vier Kandidaten
Die Auswahl der Kandidaten lässt ebenfalls Zweifel an einer echten Wahl aufkommen. Mohammad-Bagher Ghalibaf, der aktuelle Parlamentssprecher und frühere Bürgermeister von Teheran, steht den Revolutionsgarden nahe und sieht sich massiven Korruptionsvorwürfen ausgesetzt. Saeed Jalili, ein enger Vertrauter des Obersten Führers Ayatollah Ali Khamenei, gilt als Verhinderer des Atomabkommens von 2015 und scheint seiner Linie treu zu bleiben.
Moderater Konservativer: Massud Peseschkian
Der dritte Favorit, Massud Peseschkian, präsentiert sich als moderat-konservativ. Er kritisiert die gewaltsame Durchsetzung des Kopftuchzwangs und zeigt sich dem Westen gegenüber aufgeschlossener. Peseschkian hat Jalili vorgeworfen, keine Alternativen zu Gesprächen mit dem Westen aufzuzeigen, was ihm eine indirekte Rüge von Khamenei einbrachte.
Eine Wahl ohne Hoffnung
Viele, die die Wahl boykottieren wollen, sprechen von einer Inszenierung. Der Präsident habe keine Macht, die liege allein beim Obersten Führer. Auch Sina und Sarvenaz haben keine Hoffnung, dass ein neuer Präsident den Iran aus der internationalen Isolation holt. Sie sehen ihre Zukunft außerhalb des Landes, wie so viele junge Iranerinnen und Iraner.
Die Präsidentenwahl im Iran zeigt einmal mehr die tiefe Spaltung zwischen der Führung und der Gesellschaft. Während das Regime seine Legitimation aus der Wahl ziehen will, bleibt die Bevölkerung skeptisch und desillusioniert. Die Zukunft des Landes bleibt ungewiss, und viele junge Menschen suchen ihr Glück außerhalb der Grenzen des Irans.