Stahlkrise in Großbritannien: Schließung des Tata-Hochofens in Wales sorgt für Unruhe
Verlust von 2.800 Jobs und „Net Zero“-Ziel
Die bevorstehende Schließung des letzten Hochofens im Stahlwerk Port Talbot in Großbritannien durch den Tata-Konzern gefährdet tausende Arbeitsplätze. Trotz Unterstützungszusagen wächst die Kritik an der Umstellung auf klimafreundlichere Produktionsmethoden. Die Stahlindustrie sei „der Lebensnerv der walisischen Gemeinden“ betont Jo Stevens, die Staatssekretärin für Wales.
Labour-Regierung im Krisenmodus vor Schließung des Hochofens
Im nächsten Monat wird der Tata-Konzern seinen letzten Hochofen im Stahlwerk von Port Talbot in Wales schließen. Damit werden an dem traditionsreichen Standort voraussichtlich 2.800 Arbeitsplätze wegfallen. Hintergrund ist der Umstieg auf elektrisch betriebene sogenannte Lichtbogenöfen, die im Zeichen des „Net Zero“-Ziels der Regierung mit weniger Arbeits- und Energieeinsatz auskommen. Die Entscheidung über den Schritt war bereits in der Amtszeit der konservativen Vorgängerregierung gefallen.
Unterstützungsmaßnahmen der Labour-Regierung
Die neue britische Regierung hatte sich bereit erklärt, dem Unternehmen für die Errichtung der neuen Anlagen 500 Millionen Pfund (568,60 Millionen Euro) zur Verfügung zu stellen. Das sind etwa 40 Prozent der gesamten Errichtungskosten. Im Gegenzug sollte Tata sich an einem mit 100 Millionen Pfund (117,36 Millionen Euro) bestückten Übergangsfonds beteiligen. Dieser soll über vorerst zehn Jahre bestehen und helfen, die Folgen des Arbeitsplatzabbaus für die Region zu bewältigen.
Labour will lokale Akteure zur Unterstützung ins Boot holen
Jo Stevens, die Staatssekretärin für Wales, betonte, die Millionen sollten „die unmittelbare Notlage beheben“, die durch die Ungewissheit über Port Talbot und dessen Zukunft entstanden sei. Stevens erklärte, es sei ihr gelungen, etwa 50 Unternehmen und Einrichtungen dafür mit ins Boot zu holen. Zu diesen zählten Fintech Wales, RWE Energy und die Cardiff Metropolitan University. Diese hätten den betroffenen Beschäftigten Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, kostenlose Finanzberatung und Unterstützung bei der Wohnungssuche angeboten.
Staatssekretärin will Produktion von neuem Stahl noch nicht abschreiben
Kritiker werfen der Regierung vor, unter dem Banner von „Net Zero“ die Produktion von „neuem Stahl“ aus dem Land zu vertreiben. Dieser entsteht aus der Verbrennung von Kohle und dem Schmelzen von Eisenerz zur Eisengewinnung. Kaum ein Industrieland ist bislang bereit, gänzlich auf diese Form der Produktion zu verzichten. Auch Jo Stevens erklärte gegenüber BBC, dass aus ihrer Sicht noch „alles auf dem Tisch“ liege. Man wolle so viele Arbeitsplätze wie möglich erhalten. Dass nur noch recycelter Stahl in Port Talbot hergestellt werden würde, sei noch keine beschlossene Sache.
Plaid Cymru will notfalls Verstaatlichung veranlasst sehen
Die Regionalpartei Plaid Cymru begrüßte zwar, dass sich „die Übergangskommission bewegt, um die Arbeitnehmer zu schützen“. Den Deal als solchen will sie dennoch nicht akzeptieren. Sie fordert Labour auf, noch einmal in die Offensive zu gehen – und notfalls auch eine Übertragung der Anlage an die öffentliche Hand ins Auge zu fassen.
Großbritannien vor erstem Stahlarbeiterstreik seit 1980er-Jahren
Gegenüber BBC äußerte ihr Wirtschaftssprecher Luke Fletcher, Labour solle „in den Verhandlungen mit aller Kraft für die Stahlarbeiter kämpfen und nichts unversucht lassen, um die Zukunft einer strategisch wichtigen Anlage zu sichern“. Notfalls müsse auch eine Verstaatlichung ins Auge gefasst werden. Man könne „die derzeitigen Vorschläge von Tata nicht akzeptieren“, betonte Fletcher. Rückendeckung bekam er mit seiner Position von der Gewerkschaft „Unite“. Diese hatte für den Fall des Scheiterns einer Gesamtlösung mit einem Streik gedroht – es wäre der Erste unter den Stahlarbeitern seit knapp 40 Jahren.
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