Blockade im EU-Parlament: Das Lieferkettengesetz auf Eis gelegt
Ein herber Rückschlag für die Befürworter strengerer Konzernverantwortung in der Europäischen Union: Das ambitionierte EU-Lieferkettengesetz ist vorerst gescheitert. Der Widerstand einiger Mitgliedstaaten hat die Verabschiedung der neuen Regelungen verhindert, was nicht nur Auswirkungen auf die Unternehmen, sondern auch auf internationale Handelsbeziehungen haben könnte.
Einigung in Brüssel löst sich in Luft auf
Die provisorische Einigung, die im Dezember nach langen Verhandlungen zwischen den EU-Verhandlungsdelegationen erzielt wurde, ist nun Geschichte. Die neuen Regeln, die verschärfte Sorgfaltspflichten für Unternehmen mit mindestens 500 Angestellten und einem weltweiten Umsatz von über 150 Millionen Euro vorsahen, sollten die Firmenzentralen auch für ihre Tochtergesellschaften und die gesamte Lieferkette verantwortlich machen. Doch die Opposition vieler Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, Italien und Frankreich, die eine Enthaltung angekündigt hatten, hat die notwendige qualifizierte Mehrheit im EU-Ministerrat verhindert.
Deutsche Bedenken gegen das Gesetzesvorhaben
Die Kritik aus Deutschland, die unter anderem von der FDP geäußert wurde, richtete sich gegen die befürchtete Schaffung eines "bürokratischen Monsters" und große Rechtsunsicherheit für die Unternehmen. Diese Sorge scheint durchaus Gewicht zu haben, denn sie fand auch bei anderen Staaten Anklang. Der deutsche FDP-Justizminister Marco Buschmann forderte sogar, das Gesetz in der jetzigen Form zu begraben.
Schweiz im Sog der EU-Entscheidungen
Die Entwicklungen in der EU sind für die Schweiz von großer Bedeutung. Viele große Schweizer Firmen, die bedeutende Aktivitäten in der EU haben, wären direkt von den neuen EU-Regeln betroffen. Der Bundesrat hatte sich im Abstimmungskampf um die Konzernverantwortungsinitiative für ein international abgestimmtes Vorgehen ausgesprochen, was bedeutet, dass die Schweiz sich an die EU-Regeln anlehnen würde. Sollte es zu einer Verschärfung der EU-Regeln kommen, dürfte dieses Thema somit auch in der Schweizer Politik wieder auf die Tagesordnung kommen.
Zukunft des EU-Lieferkettengesetzes ungewiss
Wie es mit dem EU-Lieferkettengesetz weitergehen wird, ist momentan unklar. Es könnte zu einem erneuten Abstimmungsversuch im EU-Ministerrat kommen, doch ob sich der breite Widerstand ohne Änderungen am Gesetzestext auflösen lässt, erscheint fraglich. Eine Neuauflage des Gesetzesprojekts ist frühestens nach den EU-Parlamentswahlen im Juni zu erwarten.
Kritische Stimmen aus der Wirtschaft und Politik
Die Kritik am geplanten EU-Lieferkettengesetz macht deutlich, dass die Wirtschaft und Teile der Politik eine andere Richtung einschlagen möchten. Statt immer strengerer Regulierungen fordern sie mehr Freiraum für Unternehmen, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Es ist ein Balanceakt zwischen ethischer Verantwortung und wirtschaftlicher Flexibilität, der hier offenbar noch nicht gelungen ist.
Ausblick und Meinung
Das Ringen um das EU-Lieferkettengesetz zeigt, dass es in der Politik oft nicht nur um die Inhalte, sondern auch um die Machbarkeit und Akzeptanz geht. Hierbei sollte die EU darauf bedacht sein, ein Gleichgewicht zu finden, das sowohl der unternehmerischen Freiheit als auch der Verantwortung gegenüber Mensch und Umwelt gerecht wird. Die Schweiz, die in diesem politischen Schachspiel eine wichtige Rolle spielt, wird die Entwicklungen genau beobachten müssen. Denn es steht nicht nur die Wirtschaftlichkeit auf dem Spiel, sondern auch die Glaubwürdigkeit in Bezug auf die Einhaltung internationaler Standards und Verpflichtungen.
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