Britische Kommunalverwaltungen stehen vor finanzieller Katastrophe
Die lokalen Regierungen in England, Schottland und Wales stehen vor einer finanziellen Krise, die das Potenzial hat, weite Teile der öffentlichen Verwaltung lahmzulegen. Ein neuer Bericht von Unison, der größten Gewerkschaft des Vereinigten Königreichs, warnt vor einem drohenden Finanzloch von 4,3 Milliarden Pfund (5,6 Milliarden Dollar) im kommenden Jahr. Ohne zusätzliche Notfallfinanzierungen könnte dies zu drastischen Kürzungen bei Arbeitsplätzen und lebenswichtigen Dienstleistungen wie der Müllabfuhr führen.
Historische Ursachen und aktuelle Entwicklungen
Die Finanzprobleme der Kommunalverwaltungen sind nicht neu. Bereits seit den 2010er Jahren haben viele britische Städte und Gemeinden mit chronischen Finanzierungsengpässen zu kämpfen. Dies ist zum Teil auf drastische Kürzungen der Mittelzuweisungen durch die Zentralregierung zurückzuführen. Laut dem Institute for Fiscal Studies (IFS) haben englische Kommunalverwaltungen seit 2010 inflationsbereinigt 9% ihrer „Kernfinanzierung“ verloren, was einem Verlust von 18% pro Einwohner entspricht.
Konsequenzen für die Bürger
Die Auswirkungen dieser finanziellen Schieflage sind bereits spürbar. Birmingham, die zweitgrößte Stadt Großbritanniens, erklärte im vergangenen Jahr de facto den Bankrott und stoppte alle Ausgaben mit Ausnahme der notwendigsten Dienstleistungen. Im März genehmigte der Stadtrat ein Sparpaket, das zu den größten in der Geschichte der lokalen Regierung zählt. Geplant sind unter anderem der Abbau von bis zu 600 Arbeitsplätzen, Kürzungen bei der Sozial- und Kinderbetreuung sowie eine Reduzierung der Müllabfuhr.
Düstere Zukunftsaussichten
Die finanzielle Lage könnte sich weiter verschlechtern. Der Bericht von Unison prognostiziert, dass das Finanzloch im Jahr 2025-26 auf 8,5 Milliarden Pfund (11,1 Milliarden Dollar) anwachsen könnte. Viele Kommunalverwaltungen könnten gezwungen sein, Land und Gebäude zu verkaufen und Dienstleistungen wie Bibliotheken und öffentliche Toiletten zu streichen, um ihre Haushalte auszugleichen.
Politische Reaktionen
Die neu gewählte Labour-Regierung unter Premierminister Keir Starmer steht vor der Herausforderung, diese Finanzkrise zu bewältigen. In einer Rede im letzten Monat deutete Starmer an, dass das kommende Budget „schmerzhaft“ sein wird und möglicherweise Steuererhöhungen beinhaltet. „Wir müssen harte Entscheidungen treffen“, sagte er.
Langfristige Folgen
Die anhaltende finanzielle Misere hat bereits zu erheblichen Einschnitten geführt. Seit 2018 haben acht Kommunalverwaltungen sogenannte Section-114-Bescheide ausgestellt, was de facto einer Insolvenz gleichkommt. Zwischen 2010 und 2023 wurden 1.243 Jugendzentren und 1.168 Kinderzentren geschlossen, und die Zahl der öffentlichen Toiletten sank um 1.629. Auch die Zahl der von den Kommunen betriebenen Bibliotheken ging um 1.376 zurück.
Ein düsteres Bild
Die finanzielle Krise der britischen Kommunalverwaltungen ist ein Symptom für die tieferliegenden wirtschaftlichen Probleme des Landes. Die Sparmaßnahmen der letzten Jahre haben die soziale Infrastruktur erheblich geschwächt und die Lebensqualität vieler Bürger beeinträchtigt. Es bleibt abzuwarten, ob die neue Regierung in der Lage sein wird, die Grundlagen der lokalen Verwaltung wiederherzustellen und den drohenden Kollaps abzuwenden.
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