Das (un)heimliche Wirken des «Tiefen Staates»
Ermordet, weil er eine zu große Gefahr für das «System» gewesen sei – dies meinte Filmregisseur Oliver Stone zum Mord an John F. Kennedy. Es gilt auch für zahlreiche andere politische Morde, wie der Dokumentarfilmer Dirk Pohlmann zeigt. In Berlin sprach er darüber und kündigte ein Buch dazu an.
Der Fall Alfred Herrhausen
Hat Alfred Herrhausen, der am 30. November 1989 ermordete Vorstandssprecher der Deutschen Bank, sein Todesurteil selbst unterschrieben? Mit seinen 1989 geäußerten Lösungsvorschlägen zum Problem der verschuldeten Entwicklungsländer, dem sogenannten Herrhausen-Plan, habe er die tatsächlichen Herrscher dieser Welt gegen sich aufgebracht, so der Journalist und Dokumentarfilmer Dirk Pohlmann.
Pohlmann betrachtet dies zumindest als einen Hintergrund für das Sprengstoffattentat auf den Deutsche Bank-Manager. Dieses habe mutmaßlich eine als «3. RAF-Generation» bezeichnete Gruppe ausgeführt. Pohlmann ist sich nach ausführlichen Recherchen weitgehend sicher, dass tatsächlich diese Gruppe die Tat ausführte. Aber er ist sich auch sicher, dass es im Interesse jener geschah, denen nicht nur Herrhausens Vorschläge für einen faireren Umgang mit den Entwicklungsländern zu weit gingen.
Panik in den USA
In den USA habe die Entwicklung Panik hervorgerufen, ebenso bei den Regierenden in Großbritannien und Frankreich. Das vergrößerte Deutschland wurde als großer Nutznießer des Zusammenbruchs des sozialistischen Lagers angesehen. Zugleich habe man laut Pohlmann in Washington befürchtet, dass Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) versuchen würde, gemeinsam mit Moskau Ostmitteleuropa neu zu ordnen.
Außerdem seien die Vorschläge des damaligen Bundesaußenministers Hans-Dietrich Genscher (FDP) für eine gesamteuropäische Sicherheits- und Friedensordnung, unter Einbeziehung der Sowjetunion, als Gefahr für die US-Vorherrschaft über Europa gesehen worden. Das erinnert an die «Ur-Angst» der US-Eliten vor einem Zusammenschluss von deutschem Kapital und deutschen Technologien mit russischen Rohstoffen und russischer Arbeitskraft.
Der Tiefe Staat
Zu den Hintergründen politischer Morde gehört nach Pohlmanns Worten das, was inzwischen als «Tiefer Staat» bezeichnet wird. Der Begriff tauchte erstmals im Zusammenhang mit Ereignissen in der Türkei Ende der 1990er Jahre auf und wurde durch Gerichtsprozesse gegen Militärs und Geheimdienstmitarbeiter bekannt.
Pohlmann verwies dabei auf den US-amerikanischen Politikwissenschaftler Peter Dale Scott, der sich in mehreren Büchern mit dem «Tiefen Staat» in den USA auseinandergesetzt hat. Scott erklärte in einem Aufsatz, er setze den Begriff mit einem «tiefen politischen System» gleich, «eines, das gewöhnlich auf Entscheidungs- und Durchsetzungsverfahren außerhalb wie auch innerhalb des von Gesetz und Gesellschaft öffentlich sanktionierten Bereichs zurückgreift».
Die wahre Macht
Es gebe sogar eine «CIA innerhalb der CIA», sagte Pohlmann und verwies dabei auf Erkenntnisse des US-Journalisten Robert Parry. Es handele sich dabei um Personen im Geheimdienst, «die glauben, die strategischen Bedürfnisse der Vereinigten Staaten besser zu kennen als ihre gewählten Führer».
Pohlmann führte in seinem etwa dreistündigen Exkurs in das Geschehen hinter der politischen Bühne zahlreiche Beispiele dafür an, wie der «Tiefe Staat» jene ins Visier nimmt und notfalls auch beseitigen lässt, die dessen Kreise und Interessen stören. Diese reichten vom 1961 ermordeten zweiten UN-Generalsekretär Dag Hammarskjöld, über den 1962 mit einem Flugzeug abgestürzten italienischen Öl-Manager Enrico Mattei bis zum 1963 ermordeten US-Präsidenten John F. Kennedy sowie dem 1989 ermordeten Bank-Chef Herrhausen.
Gefahr für das «System»
Filmregisseur Oliver Stone schrieb 1992, «dass Kennedy im Grunde beseitigt wurde, weil er eine zu große Gefahr für das ‹System› war». Darauf will Pohlmann in seinem Buch näher eingehen und zeigen, wie Politik und Medien den Bürgern Informationen verschweigen und so die öffentliche Meinung manipulieren.
Der Vortrag von Dirk Pohlmann war voller Informationen und Details zu den einzelnen Beispielen, die Stoff für mehrere Dokumentationen bieten würden. Sie lassen erahnen, welchen Umfang das Buch haben wird. Pohlmann arbeitet schon mehrere Jahre daran und es ist ihm zu wünschen, dass er ein Ende findet, auch wenn es wahrscheinlich nur ein vorläufiges sein kann.
Wer bis zu dessen Erscheinen nicht warten will, findet einiges zu den von ihm benannten Fällen politischer Morde, Geheimdienstoperationen, elitären Schattenstrukturen und geopolitischer Intrigen in dem von ihm mitherausgegebenen Magazin Free 21.
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