Krankenkassen-Chef fordert radikale Reform: Vereinigung von privater und gesetzlicher Krankenversicherung unausweichlich
In einem aufsehenerregenden Interview äußert sich der Chef der Techniker Krankenkasse, Dr. Jens Baas, besorgt über die Zukunft des deutschen Gesundheitssystems. Die steigenden Kosten und ineffiziente Strukturen würden das System zunehmend an seine Grenzen bringen. Besonders alarmierend seien die prognostizierten Beitragssatzsteigerungen in der gesetzlichen Krankenversicherung.
Dramatischer Kostenanstieg vorhergesagt
Nach Einschätzung von Baas könnten die Krankenkassenbeiträge in den nächsten fünf Jahren auf bis zu 20 Prozent steigen - eine Entwicklung, die für den Wirtschaftsstandort Deutschland fatale Folgen hätte. Die hohen Lohnnebenkosten würden bereits jetzt Investoren und Arbeitskräfte abschrecken.
Staatliche Misswirtschaft auf Kosten der Versicherten
Besonders kritisch sieht der TK-Chef das Verhalten von Bund und Ländern. In deutlichen Worten prangert er an, dass der Staat seinen gesetzlichen Verpflichtungen nicht nachkomme. Die Länder würden nur die Hälfte der notwendigen Klinikinvestitionen bereitstellen, während der Bund sich bei der Finanzierung der Pflegeausbildung zurückhalte. Diese Lasten müssten dann die Versicherten tragen.
"Es ist eine Schande, was da passiert: Der Staat ist auf einem Raubzug gegen die Versicherten", so der deutliche Vorwurf von Baas.
Radikale Systemreform als Lösung
Als Ausweg aus der Krise schlägt der Kassenchef eine grundlegende Reform vor: Die Vereinigung von gesetzlicher und privater Krankenversicherung zu einem einheitlichen System. Dabei sollten die Stärken beider Systeme kombiniert werden:
- Keine Gewinnorientierung wie in der GKV
- Verbot von Risikoselektion
- Bildung geschützter Kapitalrücklagen wie in der PKV
- Mehr Freiheit bei der vertraglichen Gestaltung
Digitalisierung als Hoffnungsschimmer
Positive Entwicklungen sieht Baas bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens. Das elektronische Rezept sei bereits ein großer Erfolg. Auch die elektronische Patientenakte, die ab Januar für alle gesetzlich Versicherten eingeführt wird, stoße auf breite Akzeptanz. Die Ablehnungsquote liege im niedrigen einstelligen Prozentbereich.
Dringende Reformen notwendig
Der TK-Chef mahnt zu schnellem Handeln. Die aktuelle Ampel-Regierung habe bisher zu wenig getan, um die strukturellen Probleme anzugehen. Besonders die geplante Krankenhausreform müsse trotz der politischen Turbulenzen vorangetrieben werden. Nur durch mutige Reformen könne das deutsche Gesundheitssystem zukunftsfähig gemacht werden.