Obdachlosigkeit in Berlin: Kältehilfe am Limit
Die Obdachlosenunterkünfte der Berliner Kältehilfe sind an ihrer Kapazitätsgrenze angelangt. Laut Ursula Schoen von der Liga der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege sind die Einrichtungen seit einigen Tagen überfüllt. Die durchschnittliche Auslastung der Notunterkünfte stieg am Mittwoch auf 97 Prozent, verglichen mit etwa 93 Prozent in der Vorwoche. Die Krise zeigt einmal mehr die Notwendigkeit, die soziale Infrastruktur in der Hauptstadt zu stärken und die Prioritäten der Politik zu hinterfragen.
Überbelegung trotz Platzmangel
Wegen des akuten Platzmangels müssen die Unterkünfte immer wieder überbelegt werden, teilweise bis zu 20 Prozent. In der Notübernachtung Lehrter Straße der Berliner Stadtmission etwa schlafen zum Teil bis zu 170 Menschen, obwohl es eigentlich nur 125 Schlafplätze gibt. Die Situation ist prekär: "Praktisch ist in den Bettenzimmern kein Platz für mehr Betten. Also bleiben die Obdachlosen nach dem Abendessen im Speisesaal und machen es sich auf Boden und Bänken so bequem wie möglich", schilderte Liga-Sprecher Sebastian Peters.
Dringender Spendenbedarf
Decken sind in der Regel vorhanden, Schlafsäcke jedoch Mangelware. Alle Einrichtungen der Kältehilfe sind daher auf Spenden angewiesen. Laut Schoen fehlen 400 Plätze. "Wir können nur hoffen, dass für die längeren Frostperioden im Januar weitere Plätze geschaffen werden können." Seit Anfang November sind ein bis zwei Kältebusse der diakonischen Stadtmission und Wärmebusse des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) im Einsatz. In den ersten drei Novemberwochen sind bei den Bussen der Berliner Stadtmission rund 600 Anrufe eingegangen. Mittlerweile sind es 100 Anrufe pro Nacht.
BVG lehnt Kältebahnhöfe ab
Aufgrund der anhaltenden Kälte forderte der Sozialstadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Oliver Nöll, die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) dazu auf, ausgewählte U-Bahnhöfe offen zu halten. Die BVG lehnte dies ab. Der Grund: Wegen Zugverkehr und Starkstrom im Gleisbereich könne nicht für die notwendige Sicherheit gesorgt werden. Zudem gebe es keine sanitären Anlagen.
Kritik an der Politik
Die aktuelle Krise wirft ein Schlaglicht auf die sozialpolitischen Missstände in der Hauptstadt. Es stellt sich die Frage, warum trotz steigender Steuereinnahmen und einer starken Wirtschaft die Zahl der Obdachlosen in Berlin nicht sinkt. Es ist höchste Zeit, dass die Politik ihre Prioritäten überdenkt und mehr in soziale Infrastruktur investiert. Der Wert einer Gesellschaft zeigt sich darin, wie sie mit ihren schwächsten Mitgliedern umgeht. Es ist nicht hinnehmbar, dass Menschen im reichen Deutschland auf der Straße frieren müssen.
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