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21.06.2024
19:06 Uhr

Scholz bricht sein Abschiebungs-Versprechen

Scholz bricht sein Abschiebungs-Versprechen

Im Herbst 2023 kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz (66, SPD) vollmundig die große Abschiebe-Wende an. Sein Versprechen: „Endlich im großen Stil“, „deutlich mehr und schneller“ abzuschieben. Doch die Realität sieht anders aus.

Abschiebe-Zahlen steigen, aber nur langsam

Von Januar bis April 2024 wurden 6316 Menschen abgeschoben – ein Plus von 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (4792). Doch von einer großen Abschiebe-Wende kann keine Rede sein. Im Jahr 2023 waren insgesamt 242.600 Menschen ausreisepflichtig, aber 80 Prozent (193.972) von ihnen haben eine Duldung und können nicht abgeschoben werden, obwohl sie müssten. Von 31.770 geplanten Abschiebungen wurden nur 16.430 tatsächlich vollzogen, was knapp über die Hälfte ist.

Praktische Hürden bei Abschiebungen

Laut Asyl-Experte Professor Daniel Thym (50, Uni Konstanz) scheitern Abschiebungen vor allem aus praktischen Gründen:

  • „Erstens, weil die Herkunftsländer die Menschen nicht zurücknehmen.“
  • „Zweitens, weil die Personen nicht kooperieren, z. B. ihre Papiere fehlen und sie nicht bei der Klärung ihrer Person helfen.“
  • „Und drittens, weil unsere Behörden überfordert sind. Das liegt auch daran, dass die deutschen Regeln besonders streng sind, beispielsweise darf nur in Ausnahmefällen Haft angeordnet werden.“

Warum so viele Duldungen?

Die Zahlen belegen: Top-Duldungsgrund 2023 waren fehlende Reisedokumente (45.566 Fälle), gefolgt von ungeklärter Identität (25.408 Fälle). Nach deutschem Recht sind Geduldete auch ausreisepflichtig, mahnt Migrationsforscher Herbert Brücker (IAB).

Abschiebungen nach Ruanda oder Albanien?

Großbritannien hat mit Ruanda ein Abkommen, das Asylbewerber während ihres Verfahrens nach Ruanda ausweist. Italien bringt Flüchtlinge, die im Mittelmeer aufgegriffen werden, in Aufnahmezentren nach Albanien. Doch könnte Deutschland solche Abkommen mit Drittstaaten schließen?

Darüber streiten die Experten:

  • Migrationsforscher Brücker: „Ruanda ist eine Militärdiktatur mit schweren Menschenrechtsverletzungen. Abschiebungen dahin werden vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte oder anderen Gerichten kaum Bestand haben.“
  • Asyl-Experte Thym: „Ein Drittstaaten-Modell, um bspw. nach Ruanda oder Albanien abzuschieben, ist zwar anspruchsvoll – aber möglich!“

Rechtliche Voraussetzung: Das europäische Asylrecht müsste geändert werden. Derzeit kann nur in Länder abgeschoben werden, zu denen die Menschen eine Verbindung haben. Deutschland blockiert jedoch eine Gesetzesänderung.

Schlechte Ausstattung der Behörden

Ein entscheidender Faktor, warum Abschiebeverfahren in Deutschland so lange dauern, ist die schlechte Ausstattung der Behörden. Professor Thym betont: „Digitalisierung, ausreichend Personal – das ist jahrelang verschlafen worden.“

Fazit

Die Abschiebe-Zahlen steigen, aber nur sehr langsam. Unfreiwillige Abschiebungen bleiben schwierig, wenn Herkunftsländer nicht kooperieren. Die Ampelregierung schließt deshalb neue Abkommen. Doch noch immer kommen deutlich mehr Menschen irregulär nach Deutschland, als hierzulande abgeschoben werden.

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