Wachsende Abstiegsängste: Deutschlands Mittelschicht in Sorge
Eine aktuelle Studie der Böckler-Stiftung zeigt alarmierende Entwicklungen in Deutschland. Die Ungleichheit und Armut haben seit 2020 deutlich zugenommen, was zu wachsenden Abstiegsängsten führt. Besonders betroffen ist dabei die Mittelschicht, die zunehmend um ihren Lebensstandard fürchtet.
Steigende Armut und Ungleichheit
Der Verteilungsbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung legt offen, dass die wirtschaftliche Lage in Deutschland sich durch die Corona-Krise und die hohe Inflation erheblich verschärft hat. Der Anteil der Menschen, die in Armut leben, hat einen neuen Höchststand erreicht. Im Jahr 2021 lebten 17,8 Prozent der Menschen in Armut, während es 2010 noch 14,2 Prozent waren.
Der sogenannte Gini-Koeffizient, ein Indikator für Ungleichheit, ist zwischen 2010 und 2021 von 0,282 auf 0,31 gestiegen. Diese Entwicklung zeigt, dass die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinandergeht. Die Gruppe der Armen ist nicht nur größer geworden, sondern im Verhältnis zur gesellschaftlichen Mitte noch ärmer.
Mittelschicht zunehmend besorgt
Die Zukunftssorgen und Abstiegsängste haben stark zugenommen und reichen bis weit in die Mittelschicht hinein. Deutlich mehr als die Hälfte der Menschen in der unteren Einkommenshälfte befürchtete im vergangenen Jahr, ihren Lebensstandard nicht halten zu können. Diese Ängste sind nicht unbegründet, da die wirtschaftlichen Herausforderungen für viele Familien spürbar sind.
Vertrauensverlust in staatliche Institutionen
Die wachsenden Zukunftssorgen wirken sich negativ auf das Vertrauen in staatliche und politische Institutionen aus. Weniger als die Hälfte der Armen und der Menschen mit prekären Einkommen ist der Meinung, dass die Demokratie in Deutschland gut funktioniert. Rund ein Fünftel vertraut dem Rechtssystem nur in geringem Maße.
Die Betroffenen sehen für sich kaum Möglichkeiten, ihre Anliegen in das politische System einzubringen. Diese Entwicklung führt dazu, dass sich ein Teil der Menschen deutlich vom politischen System abwendet.
Forderungen nach politischen Maßnahmen
Um dieser besorgniserregenden Entwicklung entgegenzuwirken, fordern die Autoren der Studie eine Stärkung verschiedener Institutionen. Dazu zählen Tarifverträge, die gesetzliche Rente und die öffentliche Infrastruktur wie Verkehrswege, Energienetze, Bildungs- und Gesundheitssystem. Auch eine Reform der Schuldenbremse und eine wirksamere Besteuerung sehr großer Vermögen werden als mögliche Maßnahmen genannt.
Es bleibt abzuwarten, ob die Politik auf diese Forderungen reagieren wird. Klar ist jedoch, dass die wachsende Ungleichheit und die damit einhergehenden Abstiegsängste ernsthafte Bedrohungen für den sozialen Zusammenhalt und das Vertrauen in die demokratischen Institutionen darstellen.
Fazit
Die Studie der Böckler-Stiftung zeigt auf, dass die wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen in Deutschland gravierend sind. Die Mittelschicht, einst das Rückgrat der Gesellschaft, sieht sich zunehmend bedroht. Es bedarf dringender politischer Maßnahmen, um die wachsende Ungleichheit zu bekämpfen und das Vertrauen der Bürger in die staatlichen Institutionen wiederherzustellen.
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