Deutschland erlässt fast 16 Milliarden Euro Schulden: Ein umstrittenes Geschenk?
Deutschland hat seit dem Jahr 2000 insgesamt 52 Staaten Schulden in Höhe von 15,8 Milliarden Euro erlassen. Diese Information geht aus einer Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage des AfD-Abgeordneten Stephan Brandner hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Die meisten Schulden in Höhe von 4,7 Milliarden Euro wurden demnach dem Irak erlassen, gefolgt von Nigeria mit 2,4 und Kamerun mit 1,4 Milliarden Euro.
Strenge Bedingungen für Schuldenerlasse
Mit den 52 Ländern wurden jeweils Regierungsabkommen zur Regelung des Schuldenerlasses geschlossen. Solche Schuldenerlasse sind in der Regel an strenge Bedingungen geknüpft. Die westlichen Gläubigerstaaten haben im sogenannten „Pariser Club“ gemeinsame Regeln festgelegt, zu denen beispielsweise gehört, dass Schuldenerlasse an den erfolgreichen Abschluss von Programmen des Internationalen Währungsfonds (IWF) gebunden sind. Die Politik der betroffenen Länder steht somit in der Bringschuld.
Aktuelle Schuldenstände
Auch den aktuellen Schuldenstand gegenüber der Bundesrepublik hatte Brandner abgefragt. Dieser belief sich demnach zum 31. Dezember 2023 bei insgesamt 70 Staaten und den palästinensischen Gebieten auf zusammengerechnet 12,2 Milliarden Euro. Die größten Verbindlichkeiten hat demnach aktuell Ägypten (1,5 Milliarden Euro) vor Indien (1,1 Milliarden Euro) und Simbabwe (889 Millionen Euro) gegenüber Deutschland. Diese Informationen sind frei auf der Webseite des Bundesfinanzministeriums abrufbar und werden jährlich aktualisiert.
Entwicklungshilfe und Exportgeschäfte als Hauptquellen
Nach Angaben der Bundesregierung stammt ein Großteil dieser Verbindlichkeiten aus Krediten der Entwicklungshilfe – rund 8,8 Milliarden Euro – und mit weiteren rund 3,4 Milliarden Euro wurden Exportgeschäfte der deutschen Wirtschaft abgesichert. Wesentliche Teile der Entwicklungshilfe fließen laut dem D-Portal in den Aufbau von Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsanlagen, in Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien und in die Unterstützung des Finanzsektors.
„Die Schuldenerlasse dienen der Erreichung oder Erhaltung der makroökonomischen Stabilität sowie der Wiedererlangung der Schuldentragfähigkeit der Schuldnerländer“, heißt es in der Antwort des Ministeriums. Zudem solle damit insbesondere in hoch verschuldeten armen Ländern die Armutsbekämpfung unterstützt werden.
Kritische Stimmen und Zweifel
Bei den erlassenen Schulden handelt es sich laut Finanzministerium um offene Gelder aus finanzieller Zusammenarbeit mit den Staaten und um Handelsforderungen aus Liefer- und Kreditverträgen deutscher Exporteure und Banken vor allem aus den 1980er-Jahren. Deutschland entschädigte diese Unternehmen auf Basis sogenannter Hermesdeckungen, wenn Lieferungen nicht bezahlt oder Kredite nicht getilgt wurden.
Brandner sagte, es sei mehr als fraglich, ob sich Deutschland diese Schuldenerlasse tatsächlich leisten könne. „Unsere marode Infrastruktur braucht selber jeden Cent (...) zumal es Staaten gibt, die schon mehrfach erfolglos entschuldet wurden und die permanente Hoffnung auf Entschuldung den Hang, weitere und mehr Schulden aufzunehmen, drastisch erhöht.“
Die Bedingungen des IWF und der Weltbank, auf die sich Gläubigerstaaten wie Deutschland berufen, sollen dies aber gerade ausschließen. In den Teilnahmebedingungen des Entschuldungsprogramms für besonders hoch verschuldete Staaten heißt es, dass diese zum einen nachweisen müssen, dass sie in der Vergangenheit Reformen durchgeführt haben und diese auch in Zukunft fortsetzen werden.
Ein zweischneidiges Schwert
Die Praxis, Schulden zu erlassen, mag auf den ersten Blick humanitär und unterstützend erscheinen. Doch die Frage bleibt, ob Deutschland sich diese Großzügigkeit leisten kann und sollte, angesichts der eigenen infrastrukturellen und wirtschaftlichen Herausforderungen. Es bleibt abzuwarten, ob diese Politik tatsächlich zur Stabilisierung der Schuldnerländer beiträgt oder ob sie lediglich ein Fass ohne Boden füllt.
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